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legenheit, eine Anzahl Männer und Frauen heilig zu sprechen. Ich erwähne nur von den im letzten Jahrhundert heilig Gesprochenen den gegenwärtig so verunglimpften Kirchenlehrer Alfons Maria von Liguori. (Endloser, donnernder Beifall.) Alle, die diesen Mann gekannt, waren von seiner Heiligkeit überzeugt. (Beifall.) Niemand hat es gewagt, gegen seine Lauterkeit Zweifel zu erheben. Nur ein halb oder ganz verrückter Mensch unsrer Tage hat es gewagt, das Andenken dieses Heiligen zu besudeln. (Pfuirufe. Stürmischer Beifall.) Und das ist noch nicht das Schlimmste. Aber Tausende haben dieser Schmutzschrift geglaubt. (Erneute Pfuirufe.) Den Namen nenne ich nicht, damit er nicht ins Protokoll kommt. (Stürmischer Beifall.) Dann hat man das Institut der Beichte verunglimpft. Ich frage alle anwesenden Katholiken, ob sie nicht die Erfahrung gemacht haben, wie trostreich die Beichte für ein sündiges Herz ist. (Stürmischer Beifall.) Selbst so ein abscheulicher Gegner der Kirche wie Voltaire hat den sittlichen und sozialen Werth der Beichte anerkannt. Ebenso segensreich ist das Cölibat. Beichte und Cölibat hängen zusammen. Die Beichte ist unmöglich, wenn der Priester seine Herzensgeheimnisse mit einer Eva theilt. (Beifall und Heiterkeit.) Das katholische Volk weiss seine Geistlichen zu schätzen, es ehrt und liebt seine Geistlichen (Stürmischer Beifall), weil es weiss, dass dieselben nicht eine geschlossene Kaste sind, sondern zum Volk gehören, aus dem Volke hervorgegangen sind. (Stürmischer Beifall.) Das katholische Volk lässt sich nicht von seinem Klerus trennen, so wenig wie im Kulturkampf der Klerus sich von seinen Bischöfen und seine Bischöfe sich von Rom trennen liessen. (Endloser Beifall.) Eine andere Frage drängt sich auf: wird das Christenthum, so lange es gespalten ist, den Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den Atheismus, siegreich führen können? Ist es nicht ein Gebot der Klugheit, zusammenzuhalten gegen den gemeinsamen Feind? Indessen, wir scheinen dieser Einsicht heute weiter denn je entferut. Hat man doch nach Beendigung des Reichskulturkampfes den Evangelischen Bund gegründet und in den letzten Tagen eine Evangelisations-Gesellschaft (Hört! Hört!), welche das Evangelium den Katholiken überreichen will.

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(Gelächter.) Das ist ja sehr freundlich. (Heiterkeit.) Wir haben aber das Evangelium schon 1600 Jahre vorher erhalten. (Grosse Heiterkeit.) Wir geben daher den Herren den Rath, zunächst ihre Bibeln bei den Professoren der deutschen Hochschule unterzubringen. (Grosse Heiterkeit.) Es wäre da ein grosses Feld für die Evangelisation unter den ungläubigen Professoren. (Jubelnde Heiterkeit.) Wenn die Herren aber von uns nicht abstehen wollen, bitte ich sie, uns erst eine Frage zu beantworten: Welches Evangelium wollen sie uns überreichen (Heiterkeit), das des Professors Luther oder des Doktor Calvin oder das von Häckel oder von Harnack? (Schallendes Gelächter.) Neuerdings ist ja auch in Oesterreich die Los von Rom - Bewegung über uns gekommen, die vorwiegend politische Motive hat. Die richtige Parole heisst: Hin nach Berlin. (Grosser Beifall.) Man hat dort sogar ausgerufen: Wir müssen zurück zum Wotanismus. (Gelächter.) Wir danken für solchen Anachronismus, der ist reif für das Narrenhaus. (Beifall.) Unser Glaube legt uns die Pflicht besonderer Liebe für Kirche und Vaterland auf. Niemand der Lebenden hat an der Spaltung der Christenheit im 16. Jahrhundert schuld. Aber dass sie fortdauert, daran haben beide Theile schuld. Die Glaubensspaltung muss im Geiste der Busse als beiderseitige Schuld getragen werden. Lassen Sie mich hier namens aller katholischen Männer und Frauen an den Stufen des Thrones in Rom das Gelöbniss unerschütterlicher Treue der katholischen Kirche gegenüber niederlegen. (Stürmischer Beifall.) Lassen Sie mich in unsrer aller Namen sagen, dass wir in unserm katholischen Glauben fest zusammenhalten und mit Rom unter der Führung der Bischöfe leben und sterben wollen. (Minutenlanger Beifall.) Mit dieser Anhänglichkeit an Rom müssen wir Katholiken den grössten Eifer und die grösste Anhänglichkeit im Dienste des Vaterlandes verbinden. (Beifall.) In dieser Treue und Liebe dürfen wir uns von Niemand übertreffen lassen. (Beifall.) Wir müssen uns aber bemühen, mehr zu leisten, als die Anderen. Das ist auch schon geschehen. Im Glück zum Vaterlande zu halten ist nicht schwer. Wir haben es aber gethan, als wir als Minderheit verfolgt wurden. (Grosser Beifall.) Dazu ge

hört eben die Entsagung und Hingebung, die nur allein unser Glaube gewährt. (Endloser Beifall.) Wenn wir auch künftig den geistigen Kampf gegen zwei Fronten zu führen haben, so dürfen wir uns nicht entmuthigen lassen. Möge Gott uns die Gnade erweisen, dass wir in dem Kampfe der Welt ein Zeichen zu geben vermögen von deutscher Glaubenseinheit und deutscher Glaubenstreue. (Tosender anhaltender Beifall. Hochrufe auf den Redner.)

VII. Ein Gedicht des gegenwärtigen Papstes zum

Jahrhundertanfang.
(Osservatore Romano.)

AN. CHRIST. MDCCCC.
PRIDIE KALENDAS IANVARIVS

A IESV CHRISTO

INEVNTIS SAECVLI AVSPICIA

Cultrix bonarum nobilis, artium
Decedit aetas: publica commoda,
Viresque naturae retectas,

Quisquis avet, memoret canendo.

Saecli occidentis me vehementius
Admissa tangunt; haec doleo et fremo.
Pro! quot, retrorsum conspicatus,
Dedecorum monumenta cerno.

Querarne caedes, sceptraque diruta,
An pervagantis monstra licentiae?
An dirum in arcem Vaticanam
Mille dolis initum duellum?

Quo cessit Urbis, principis urbium,
Nullo impeditum servitio decus?
Quam saecla, quam gentes avitae
Pontificum coluere sedem?

Vae segregaris Numine legibus!
Quae lex honesti, quae superest fides?
Nutant, semel submota ab aris,

Atque ruunt labefacta iura.

Auditis? effert impia conscius
Insanientis grex sapientiae;
Brutaeque naturae supremum
Nititur asseruisse numen.

Nostrae supernam gentis originem
Fastidit excors: dissociabilem,
Umbras inanes mente captans,

Stirpem hominum pecudumque miscet.
Heu quam probroso gurgite volvitur
Vis impotentis caeca superbiae.
Servate, mortales, in omne
Iussa Dei metuenda tempus.

Qui vita solus, certaque veritas,
Qui recta et una est ad Superos via.
Is reddere ad votum fluentes
Terrigenis valet unus annos.
Nuper sacratos ad cineres Petri
Turbas piorum sancta petentium
Is ipse duxit; non inane
Auspicium pietas renascens.
IESU, futuri temporis arbiter,
Surgentis aevi cursibus annue:
Virtute divina rebelles

Coge sequi meliora gentes.
Tu pacis almae semina provehe;
Irae, tumultus, bellaque tristia
Tandem residant, improborum
In tenebrosa age regna fraudes.
Mens una reges, te duce, temperet
Tuis ut instent legibus obsequi:
Sitque unum Ovile et Pastor unus,
Una Fides moderetur orbem.

Cursum peregi, lustraque bis novem,
Te dante, vixi. Tu cumulum adiice;
Fac, quaeso, ne incassum percantis
Vota tui recidant Leonis.

Eine neue päpstliche Encyklika über die <christliche Demokratie» werden wir in den Beilagen ganz abdrucken.

In der Eidgenossenschaft beantwortete der Bundesrath die Beschwerde der Regierung von Waadt gegen das Fastenmandat des jetzigen Bischofs von Sitten, Mgr. Abbet, vom vorigen Jahre zwar zur Zeit mit Nichteintreten, behaftete aber den Staatsrath von Wallis bei seiner Erklärung, «den religiösen Frieden zwischen den verschiedenen Konfessionen jederzeit wahren zu wollen», B. Bl. 1900 No. 26.

Dagegen kamen neuerdings wieder mehrfach Weigerungen katholischer Geistlicher vor, bei Beerdigungen Andersgläubiger läuten zu lassen. In einem solchen Fall von Airolo liess der Gemeinderath die Kirchthurmsthüre mit Gewalt öffnen.

Am 10. März wurde in Muralto bei Locarno eine evangelische Kirche eingeweiht. Auch an einem 10. März, im Jahre 1555 war von der Stadt Locarno ein Dekret erlassen worden, das den Evangelischen das ehrliche Begräbniss versagte; kurz vorher hatten 93 evangelische Locarneser ihre Heimat verlassen, weil sie ihrem evangelischen Glauben nicht untreu werden wollten.

Aus Zürich gelangte im Laufe des Sommers die Nachricht in die Zeitungen, der Cardinal-Erzbischof von Mailand, Ferrari (der nämliche, der s. Zt. dem Mailänder Aufruhr aus dem Wege ging, statt ihn zu beschwichtigen), habe die Wohlfahrtseinrichtungen und Vereine der dort lebenden Italiener <inspizirt». Offenbar handelte es sich um einen Privatbesuch und keine Amtshandlung; dennoch knüpften die ultramontanen «Zürcher Nachrichten» daran folgende fast zu erbauliche Betrachtung:

<Seit Kardinal Karl Borromäus ist kein römischer Kirchenfürst mehr in Zürich als Funktionär seelsorgerlicher Pflichten erschienen. Das protestantische Zürich hat schon den heiligen Karl mit Befremden bemerkt. Es ist Grund, anzunehmen,

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