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Ausdehnung unserer Machtstellung mit sich bringen. Wenn an Stelle der Gewalt das Recht treten würde, so würden wir dabei nichts verlieren, aber unendliche Werte gewinnen. Die erste Aufgabe der Haager Konferenz wird darin bestehen, diejenigen Fälle zu kennzeichnen, in denen an Stelle des fakultativen Schiedsgerichts ein obligatorisches Gerichtsverfahren treten kann. Die zweite darin, Mittel und Wege zu suchen, wie auch Fragen von vitaler Bedeutung auf friedlichem Wege erledigt werden können. Würde es der Haager Konferenz gelingen, diese Fragen in befriedigender Weise zu lösen, so wäre damit ein Fortschritt von weltgeschichtlicher Tragweite erzielt.

ad 2) Es wäre ein nicht zu überschätzender Gewinn, wenn die zweite Haager Konferenz den Erfolg hätte, die immer noch in unendlicher Aufwärtsbewegung begriffene Rüstungsschraube zum Stillstand zu bringen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß keine Macht der anderen zuvorkommen kann, und daß die ungeheueren Mittel, die für den bewaffneten Frieden ausgegeben werden (6 Milliarden pro Jahr in Europa, zirka 1 Milliarde in Deutschland), dem Zweck, dem sie dienen sollen, nämlich den Frieden auf eine sichere Grundlage zu stellen, nicht entsprechen. Nirgends wird der englische Rüstungsstillstandsvorschlag so heftig bekämpft wie in Deutschland, und doch kann nur blinde Voreingenommenheit es bestreiten, daß auch in Deutschland die Kulturzwecke darunter zu leiden haben, wenn nahezu die Hälfte der Staatseinnahmen für unproduktive Zwecke verbraucht wird, und nur völlige Unkenntnis der Tatsachen kann es leugnen, daß die Teuerung der wichtigsten Lebensmittel mit den durch die Rüstungen bedingten Steuern und Kampfzöllen zusammenhängt.

Wir bitten daher dringend, hoher Reichstag wolle der Reichsregierung gegenüber dafür eintreten, daß sie auf der zweiten Haager Konferenz alle Anträge, die auf die friedliche Verständigung unter den Völkern und auf die Herbeiführung eines Rüstungsstillstandes abzielen, lebhaft unterstütze.

Resolution des II. deutschen Friedenskongresses
in Stuttgart, 14. Mai 1909

Angesichts der dem deutschen Volke angesonnenen Mehrbelastung mit jährlich 500 Millionen neuer Steuern, erinnert der II. deutsche Friedenskongreß an die Tatsache, daß die Zerrüttung der Reichsfinanzen und die enorme Steigerung der Steuerlast in der Hauptsache durch die fortwährende Steigerung der Rüstungsausgaben, verbunden mit dem Unterbleiben der Schuldentilgung, verursacht worden ist und verweist auf die daraus folgende Unmöglichkeit, die Gesundung der Reichsfinanzen dauernd zu sichern, wenn nicht dem Anwachsen der Rüstungsausgaben, insbesondere dem Wettkampf im Flottenbau, Einhalt getan wird. Die Pflege der Kulturinteressen verlangt darüber hinaus

eine Verminderung der Militär- und Marinelasten. Dieses Ziel kann nur erreicht werden auf dem Wege internationaler Verständigung über gleichzeitige und gleichmäßige Beschränkung der Rüstungen.

Der Kongreß ersucht deshalb den Reichstag, er wolle zunächst eine sorgsame Prüfung des Bedarfs vornehmen, sich bei Bewilligung von neuen Steuern streng auf den heute bestehenden Bedarf beschränken und alles ablehnen, was dazu dienen soll, Mittel für weitere Steigerung der Rüstungen zu liefern, wolle aber gleichzeitig mit Erledigung der Reichsfinanzreform die Reichsregierung veranlassen, mit anderen Mächten in Verbindung zu treten, um das von den beiden Haager Konferenzen geforderte Studium der Abrüstungsfrage in die Tat umzusetzen und eine Abrüstungskonferenz einzuberufen.

Der Kongreß ist überzeugt, daß das Bedürfnis, im Interesse der Kulturaufgaben zu einer Einschränkung der Rüstungen zu gelangen, in der ganzen Welt geteilt wird und daß deshalb eine Initiative Deutschlands auf diesem Gebiete überall dankbar aufgenommen werden würde und uns die Sympathien der Kulturvölker gewinnen müßte.

Eingabe an den Kanzler des Deutschen Reiches,
betr. die Rüstungsfrage

Ew. Exzellenz!

Obwohl wir auf unsere Zuschrift vom letzten Herbst, betr. das Studium der Rüstungseinschränkungsfrage ohne Antwort geblieben sind, erlauben wir uns doch, noch einmal die Aufmerksamkeit Ew. Exzellenz auf diese Frage zu richten. Wir sind dazu ermutigt durch das Vorgehen der amerikanischen Regierung, die auf Grund des Schriftstückes, das wir in Beilage I Ew. Exzellenz zu unterbreiten so kühn sind, beschlossen hat, eine Kommission zum Zwecke einer Einleitung von Verhandlungen über die Rüstungsverminderung ins Leben zu rufen. Nach Beilage II ist Präsident Taft mit diesbezüglichen Vorschlägen an die auswärtigen Regierungen herangetreten, also auch wohl an die deutsche Regierung. Wir erlauben uns nun die dringende Bitte in aller Bescheidenheit auszusprechen: Ew. Exzellenz möge die amerikanischen Vorschläge einer wohlwollenden Prüfung unterziehen und durch möglichstes Entgegenkommen dazu beitragen, daß der Zustand des bewaffneten Friedens, unter dem die Kulturwelt seufzt, in den Zustand des dauernden Rechtsfriedens verwandelt werde.

Verehrungsvoll

I. Vorsitzender der Deutschen Friedensgesellschaft

Dr. Adolf Richter,

II. Vorsitzender der Deutschen Friedensgesellschaft
Stadtpfarrer Umfrid.

Pforzheim und Stuttgart, 13. Februar 1911.

Petition an den Reichskanzler, betr. Rüstungsvorlage vom März 1913

Eure Exzellenz

erlauben wir uns, bezüglich der geplanten Rüstungsvorlage in letzter Stunde um geneigtes Gehör zu bitten. Wir können zwar nicht hoffen, die Kaiserliche Regierung in ihren Entschließungen zu beeinflussen, halten es aber doch für unsere Gewissenspflicht, darauf aufmerksam zu machen, daß der eingeschlagene Weg schwerlich zu dem erwünschten Ziel, einen dauernden Frieden zu erhalten, führen wird. Kein Friedensfreund, sondern ein Kriegsfürst, der Zar Nikolaus II. von Rußland, hat es ausgesprochen: „Die ständige Gefahr, welche in der Kriegsstoffansammlung ruht, macht die Armee unserer Tage zu einer erdrückenden Last, welche die Völker mehr und mehr nur mit Mühe tragen können. Es ist deshalb klar, daß, wenn diese Lage sich noch weiter so hinzieht, sie in verhängnisvoller Weise zu eben der Katastrophe führen würde, welche man zu vermeiden wünscht, und deren Schrecken jeden Menschen schon beim bloßen Gedanken schaudern machen". Wir brauchen Eurer Exzellenz nichts davon zu sagen, daß die neuen Rüstungsforderungen dem deutschen Volke überraschend kommen müssen, nachdem erst vor einem Jahr eine wesentliche Vermehrung des Heeres stattgefunden hat, und daß durch beide Neuforderungen, die vom Jahr 1912 wie die vom Jahr 1913, das Quinquennatsgesetz, durch das doch der Heeresbestand auf 5 Jahre festgelegt schien, illusorisch gemacht werden dürfte. Wir haben auch nicht nötig, Eurer Exzellenz vorzurechnen, welche Steigerung die Rüstungsausgaben speziell in Deutschland erfahren haben. Im Jahr 1883 haben wir 366 Millionen Mark für unser Heer und 36 Millionen für unsere Flotte aufgewendet, zusammen also 392 Millionen; jetzt geben wir bereits zirka 1300 Millionen für unsere Rüstung aus, und wenn die neue Wehrvorlage angenommen ist, werden wir, alle Nebenausgaben eingerechnet, gegen 2 Milliarden für unsere Panzer aufzuwenden haben, das ist in 30 Jahren eine Steigerung von rund 400 Prozent, und dabei ist die dadurch erstrebte Sicherheit keineswegs größer geworden, im Gegenteil, die Kriegsgefahr ist dringender als je. Dabei dürfte es sich als aussichtslos erweisen, daß der Dreibund die Triple-Entente in dem Rüstungswettlauf überflügeln könnte. Die Antwort auf die von der deutschen Regierung geplante Rüstungsvorlage ist bereits vom französischen Ministerium gegeben: in Paris wird man einen neuen Rüstungskredit von 500 Millionen Franken verlangen; man wird daran gehen, eine schwarze Armee gegen Deutschland aufzustellen, man wird unser Heer durch Anschaffung kostspieliger Zerstörungsmaschinen zu überbieten suchen, und wenn das französische Volk die nötige Mannschaft nicht wird aufbringen können, so ist in Rußland ein so unerschöpfliches Menschenreservoir vorhanden, daß, wenn dasselbe unter Voraussetzung einer Sanierung der russischen Finanzen aufs äußerste ausgenützt wird, die Überflügelung des Dreibundes durch die mit den Balkanstaaten vereinigte Triple-Entente zur erschreckenden Tatsache werden wird. Wir sehen keinen Ausweg aus dem verhängnisvollen Zirkel, in dem sich die europäische Politik bewegt, als den: es sollte versucht werden, eine Übereinkunft unter den

Staaten abzuschließen, durch die sie sich ihren Besitzstand gegenseitig garantieren und sich eine überseeische Expansion für den Notfall ermöglichen. Auch Frankreich würde das ist unsere Überzeugung schließlich eher bereit sein, sich durch einen derartigen Vertrag zu binden, als daß es sich durch das ruinöse System des bewaffneten Friedens, diesen latenten Kriegszustand, zugrunde richten ließe. Man müßte aber einsehen, daß es nicht nur die Aufgabe der Politik sein kann, das Interesse des eigenen Staates zu wahren, daß es sich vielmehr darum handeln muß, den Boden für ein menschenwürdiges Zusammenleben der Nationen zu bereiten. Die Bedrohung einer Nation durch die andere, wie sie heute die Regel geworden zu sein scheint, kann aber nicht als menschenwürdiger Zustand bezeichnet werden. Übrigens sollte auch schon unter Voraussetzung der gegenwärtigen Verhältnisse eine Übereinkunft unter den konkurrierenden Regierungen möglich sein, dahin gehend, daß eine Formel gesucht würde, welche ein gewisses Maximum der Rüstungsausgaben festlegen würde. Wenn es gelungen ist, zwischen der deutschen und englischen Flotte das Verhältnis von 10:16 als annehmbar für die nächste Zeit festzulegen, warum sollte nicht etwas Ähnliches auf dem Gebiete der Landstreitkräfte möglich sein?

Möge es Eurer Exzellenz gefallen, diese Gedanken einer geneigten Prüfung zu unterziehen.

Verehrungsvoll

Der Vorstand der Deutschen Friedensgesellschaft

Dr. Ad. Richter,
O. Umfrid.

Die Milliardenresolution vom 14. März 1913

Die Deutsche Friedensgesellschaft bedauert aufs lebhafteste, daß die Regierungen trotz aller Friedensversicherungen, trotz aller Abmachungen der Haager Konferenzen, trotz all der Anzeichen, die auf die wachsende Solidarität der Interessen hinweisen, immer noch keinen Ausweg aus dem Zustand des bewaffneten Friedens, dieses latenten Kriegs, finden zu können meinen, daß sie vielmehr heute mehr als je dem Wahngedanken folgen, als ob sie sich nur durch eine ins Ungemessene gesteigerte Rüstung behaupten oder durchsetzen könnten, ohne daß sie die furchtbare Gefahr bemerken wollen, die sie gerade mit dieser ungeheuerlichen Anhäufung der Zerstörungsmittel heraufbeschwören. Obwohl die Deutsche Friedensgesellschaft die Anschauung der Regierung sehr wohl kennt, nach welcher dieselbe mit einem gleichzeitigen Angriff von Westen und einem Ansturm der durch die Balkanstaaten verstärkten Russen rechnen zu müssen glaubt, so sieht sie doch in der neuesten Milliardenforderung, die an das deutsche Volk gestellt wird, keineswegs eine wirksame Friedenssicherung, sondern weiß, daß die anderen Mächte in dieser äußersten Anspannung der deutschen Wehrkraft - ob auch mit Unrecht eine furchtbare Drohung erblicken, der sie zunächst mit einem ähnlichen Aufwand für Zerstörungsmittel begegnen zu müssen meinen, um schließlich in

der Erkenntnis, daß es so nicht weitergehen kann, zu der Ansicht zu gelangen, daß ein Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende vorzuziehen sei. Sie fordert daher alle Einsichtigen auf, mit ihr gemeinsam gegen das ziellose Wettrüsten zu protestieren, bis die Regierungen sich dazu entschließen, um den Frieden auf festere Grundlagen zu stellen, einander die Unantastbarkeit des bestehenden Besitzstandes zu garantieren, für den Fall der Selbstauflösung eines Staates den einzelnen Völkerschaften desselben das Selbstbestimmungsrecht zuzugestehen, sich selbst jeder Einmischung zu enthalten und etwaige Streitigkeiten, die trotz derartiger Abkommen entstehen sollten, der Erledigung auf rechtlichem Wege zuzuführen. Es zeigt sich schon heute aufs klarste, daß keine Nation der anderen bezüglich der Rüstungsausgaben zuvorkommen kann, da die anderen sofort mit einer ähnlichen Erhöhung ihrer Wehrkraft antworten; daß aber die Teuerung der Lebenshaltung, die jetzt schon einen exorbitanten Grad erreicht hat, durch die starke Blutentziehung, die in der geplanten Milliardensteuer dem Volkskörper zugemutet wird, erhöht werden wird, dürfte jedem Kundigen einleuchten. Daher sollte unseres Erachtens dem Gedanken eines Übereinkommens nähergetreten werden.

Die Flottenresolution vom April 1913

Die Geschäftsleitung der Deutschen Friedensgesellschaft erblickt in der Rede, durch die der englische Marineminister Lord Churchill einen Stillstand in den wahnsinnigen Rüstungsausgaben für die Flotte angeregt hat, eine zustimmende Antwort zu der Erklärung des Staatssekretärs v. Tirpitz über die Annehmbarkeit des Verhältnisses der deutschen zur englischen Flotte von 10:16. Sie ist der Überzeugung, daß die der Festsetzung eines Rüstungsfeierjahres entgegenstehenden Schwierigkeiten überwunden werden können, wenn sich die beiden Nationen dazu verpflichten, etwaige zwischen ihnen auftauchende Differenzen nicht mit Waffengewalt austragen zu wollen. Sie ersucht die Kaiserliche Regierung, mit der englischen Regierung behufs Einleitung der Vorarbeiten zu dem womöglich schon für das Jahr 1914 festzusetzenden Stillstandsjahr alsbald die erforderlichen Schritte zu vereinbaren.

Deutsch-französischer Aufruf gegen die Rüstungen

Das Internationale Friedensbureau in Bern hat sich mit einem Aufruf an die Regierungen, die Parlamente und die Völker gewendet, um die unheilvolle Steigerung des Rüstungswettkampfes, die gegenwärtig die ganze Welt bedroht, abzuwenden.

Die Entscheidung liegt bei Deutschland und Frankreich. Deshalb wenden wir deutsche und französische Friedensfreunde uns gemeinsam an unsere Landsleute.

Enorm ist seit Jahrzehnten die Steigerung der Rüstungslasten. Die fünf Mächte, die heute im Dreibund und im Zweibund gruppiert sind, hatten im Jahre 1896/97, zur Zeit, da der Zweibund abgeschlossen wurde, Militär- und Marinebudgets in der Höhe von reichlich 2, Milliarden Mark, fast gleich

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