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mäßig auf beide Mächtegruppen verteilt, Schuldzinsen und andere Nebenetats nicht gerechnet. Heute, nach 16 Jahren, ist diese Rüstungslast auf nahezu fünf Milliarden jährlich angewachsen; die Verteilung auf Dreibund und Zweibund ist die gleiche geblieben.

Die weitere Rüstungsvermehrung, die heute den Völkern zugemutet wird, ist so ungeheuerlich wie noch niemals irgendeine zuvor. Noch niemals aber ist es auch so einleuchtend gewesen, daß diese riesigen Anstrengungen ihren Zweck vollkommen verfehlen.

Der Zweck der Rüstungen soll sein, den Frieden zu sichern. Jedes Land sieht diese Sicherung in der Steigerung seiner eigenen Wehrkraft und fühlt sich gleichzeitig durch fremde Rüstungen bedroht. Niemand aber kann bestreiten, daß das Wachstum der Rüstungen eines jeden Landes durch die Maßnahmen aller übrigen Länder ausgeglichen wird. Wie in der Vergangenheit, so heute und künftig! Deutschland und Frankreich sollen jetzt vorangehen. Rußland, Österreich-Ungarn und Italien werden unmittelbar folgen. Dann wird das Rüstungsfieber auf die anderen Mächte, die heute noch, scheinbar unbeteiligt, zur Seite stehen, übergreifen.

Und das Ergebnis dieser ungeheuren Anstrengungen? Für den Zweck, um den es sich allein handeln kann, für eine Verschiebung im militärischen Kräfteverhältnis, wird nichts, aber auch gar nichts gewonnen werden. Nur zweierlei wird sicher erreicht werden die Mächte haben es am 29. Juli 1889 im Haag einstimmig und feierlich erklärt: eine Schädigung des materiellen und des moralischen Wohles der Völker. Dank der enormen Steigerungen der Rüstungen werden die Steuern noch schwerer auf den Völkern lasten; die schaffenskräftige Jugend wird noch mehr für den Dienst im Heer und in der Marine beansprucht werden, alles auf Kosten der Mittel und Kräfte, die nötig wären für die Werke friedlicher Kultur und für das wirtschaftliche Gedeihen der Massen. Und dazu werden Verstimmung, Mißtrauen und Erbitterung der Völker untereinander oder auch der Völker gegen ihre Regierungen gefährlich anwachsen.

In dieser verantwortungsvollen Stunde glauben wir unsere Pflicht als wahre Patrioten zu erfüllen, indem wir an die gesunde Vernunft der Regierungen, der Parlamente und der Völker appellieren.

Wir stellen nur eine Frage:

Ist es nicht ein Gebot des gesunden Menschenverstandes, sich dahin zu verständigen, daß man gleichzeitig und gleichmäßig auf Maßnahmen, die einen so furchtbaren Druck erzeugen und die noch dazu sofort durch Gegenmaßnahmen unwirksam gemacht werden, verzichtet?

Jeder Vernünftige erkennt: So können die Dinge auf die Dauer nicht weitergehen! Jeder empfindet heute mehr als je die Sinn- und Nutzlosigkeit dieses Rüstungswettkampfes. Und doch ergeben sich Millionen unserer Mitbürger darein, wie in ein unabwendbares Fatum. Ist das würdig politisch mündiger Nationen?

Wäre es nicht geboten, jetzt, ehe weitere Milliarden geopfert sind, dem Rüstungswettkampf eine Grenze zu setzen?

Eine einzelne Regierung, ein einzelnes Parlament, ein einzelnes Volk kann nicht vorangehen. Aber für ein gleichzeitiges und gemeinsames Vorgehen gibt es bei gutem Willen Wege der Verständigung. Neutrale Mächte können, wenn dadurch das Einvernehmen erleichtert wird, die Vermittlung übernehmen.

Wenn die Regierungen und Parlamente sich nicht entschließen, diesen Weg zu gehen, so wird man zu spät erkennen, wie berechtigt unsere Mahnung war. Die Stunde der Entscheidung ist gekommen.

Der Vorstand der Deutschen Friedensgesellschaft
Dr. Adolf Richter, Vorsitzender.

La Délégation Permanente

des Sociétés Françaises de la Paix

Prof. Charles Richet, Président.

Resolution des VII. deutschen Friedenskongresses
zu Kaiserslautern (23./24. Mai 1914)

Der VII. deutsche Friedenskongreß ist der Überzeugung, daß der Quiddesche Entwurf zu einem internationalen Vertrage über Rüstungsstillstand eine hervorragende Arbeit darstellt, die deshalb der Aufmerksamkeit und dem Studium der Regierungen dringend empfohlen sei.

C. Der Österreichischen Friedensgesellschaft

Resolution der Delegiertenversammlung der Friedensgesellschaften in den Dreibundländern Deutschland, Österreich und Italien, betr. die zweite Haager Konferenz vom 5. Mai 19071)

Die heutige außerordentliche Delegiertenkonferenz der Friedensgesellschaften in den Dreibundländern betrachtet in Übereinstimmung mit dem von der russischen Regierung aufgestellten Programm zur zweiten Haager Friedenskonferenz die Vervollkommnung der Bestimmungen der Konvention über die friedliche Entscheidung internationaler Konflikte als den wichtigsten Teil der Haager Konferenz.

Die Frage der Abrüstung oder einer Beschränkung der Rüstungen steht jetzt noch in zweiter Reihe, auch nach der Meinung der Friedensgesellschaften. Diese haben schon längst die Schwierigkeiten nicht verkannt, welche einer praktischen Durchführung einer Rüstungsbeschränkung entgegenstehen. Sie gehen davon aus, daß die Verminderung der Rüstungen nicht die Grundlage, sondern das Ergebnis einer internationalen Rechtsorganisation ist.

Aber eine offene Erörterung der mit dem fortgesetzten Wettrüsten verbundenen Übelstände und der Frage, ob und wieweit die Möglichkeit zur

1) Auf Anregung der Österreichischen Friedensgesellschaft.

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Beseitigung dieser Übelstände besteht, würde beschleunigend auf die Herbeiführung einer internationalen Rechtsordnung einwirken. Die klare Erkenntnis des Zieles fördert nicht nur die Entschlossenheit zum Einschlagen des Weges zum Ziele, sondern wird auch die Lösung der Frage beschleunigen.

Die Verbesserung des Kriegsrechts betrachten die Friedensgesellschaften das nicht als Ziel ihrer Tätigkeit, aber sie erblicken darin eine Anerkennung ihres Grundsatzes, daß das Recht die Grundlage des Zusammenlebens der Völker ist und immer mehr werden soll.

Die Delegiertenkonferenz richtet daher an die Regierungen, an die Parlamente, an die interparlamentarischen Gruppen und an die Presse der Dreibundländer die dringende Bitte, an der segensreichen, alle Staaten der Erde umfassenden Kulturarbeit mitzuwirken und namentlich dahin zu wirken, daß:

vor allem die Bestimmungen für die Erledigung internationaler Streitfälle verbessert werden, insbesondere die Einführung eines obligatorischen Schiedsgerichts, zunächst mindestens für bestimmte Fälle, der Abschluß eines allgemeinen Schiedsvertrags, sowie die Erweiterung der Tätigkeit der Untersuchungskommission beschlossen und durchgeführt werde; daß die regelmäßige Wiederkehr der Haager Konferenzen gesichert werde; daß endlich die Frage der internationalen Beschränkung der Rüstungen zum Gegenstand der Erörterung, wenn nicht in der Konferenz, so doch in einer von ihr einzusetzenden Kommission gemacht werde.

Vorstandsbericht vom 9. November 1909 der Österreichischen
Friedensgesellschaft

„Es zeigt sich, daß das Wettrüsten für Armee und Marine in den einzelnen Staaten zu immer größeren staatsfinanziellen Schwierigkeiten führt. Nur mit Aufwand aller erdenklichen Staatskünste ist es im Deutschen Reiche gelungen, die letzte große Finanzreform zu erledigen (500 Millionen Mark), und schon zeigt sich wieder das Gespenst des Defizits. Großbritannien, der reichste Staat der Welt, kämpft dauernd mit finanziellen Schwierigkeiten (Defizit für 1909: 15 Millionen Pfund), und seine Regierung verweist unablässig darauf, wie sehr die Rüstungsausgaben die Ordnung im Staatshaushalte stören. Auch in Frankreich, mit einer so wohlhabenden und steuerkräftigen Bevölkerung, beziffert die Regierung die Höhe der Mehrforderungen für 1910 mit ungefähr 200 Millionen Franken, die fast ausschließlich den notgedrungen erfolgenden Mehrrüstungen zuzuschreiben sind. In Österreich-Ungarn zeigte sich wieder das Defizit, und zwar hauptsächlich verursacht durch die gewaltigen Auslagen für Neurüstungen. Die Besserung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage in Italien ist ebenfalls sehr stark dadurch gefährdet, daß auch dieses Land mit einer verhältnismäßig ärmeren Bevölkerung vor gewaltigen Auslagen für das Heer und die Flotte steht.

Überall herrscht schon infolge dieser Erfordernisse eine fast unerträgliche Teuerung, und nun suchen noch in allen diesen und auch in anderen Ländern die Regierungen nach neuen ausgiebigen Steuerquellen und sind bemüßigt, zu den allerunpopulärsten Abgaben zu greifen, ohne daß der

finanzielle Erfolg aller Wahrscheinlichkeit nach die angesprochenen Ausgaben decken wird.

Angesichts dieser trostlosen Lage müssen wir neuerdings die Frage aufwerfen, ob wir nicht dem Zeitpunkte immer näher kommen, in welchem die Ausgaben für Armee und Marine und die Zinsen der dafür aufgenommenen Staatsschulden von den Völkern einen jährlichen Tribut erfordern, der schon weit über jenen Betrag hinausreicht, der als Prämie für die so oft gerühmte Versicherungsfunktion" von Heer und Flotte bezeichnet wird.

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Wir müssen daher neuerdings die Forderung erheben, daß gerade die Regierungen der am meisten betroffenen Länder ehestens zu einer Konferenz zusammentreten, um über die schon so oft gewünschte Formel eines Stillestehens der Rüstungen wir denken hierbei noch gar nicht an eine planmäßige Beschränkung der Rüstungsausgaben einig zu werden.“

Protest der Österreichischen Friedensgesellschaft gegen die Rüstungen von Anfang 1911

Wir dürfen in diesem Augenblick, wo ein neuerlicher, sich nur mehr in Milliardenziffern äußernder Paroxysmus von Bewaffnungs-, Befestigungsund Kriegsbedrohungsfieber alle europäischen Staaten schüttelt, nicht stumm bleiben.

Es wird in manchen Kreisen vorgegangen, als ob es gar keine Friedensbewegung gäbe. Das allgemeine Bedürfnis nach Frieden wird zwar zugegeben, die eigene Liebe dazu sogar beteuert aber nichts wird zum Ausbau, zur Ausgestaltung der Friedenssicherung getan.

Da müssen diejenigen, die von diesem Ausbau etwas wissen, ihre Stimmen erheben und fordern, daß anläßlich der neuerlichen, riesenhaften Rüstungsvoranschlägen nicht: dieser oder jener Posten geprüft, dieser oder jener Betrag gestrichen werde, sondern daß das Werk internationaler Verständigung über Schiedsgerichtsverträge, Staatenverbündung energisch und ehrlich in Angriff genommen werde.

Selbst zugegeben, daß unter den jetzt waltenden Umständen das Wettrüsten weitergehen müsse die Zustände müssen so nicht weitergehen. Selbständig und unabhängig kann in diesen Angelegenheiten kein Staat mehr vorgehen, die vielgerühmte Unabhängigkeit der Staaten (Souveränität) ist in die ärgste Finanzknechtschaft umgewandelt so z. B. werden Rüstungen nur gesteigert, weil andere sie gesteigert haben; sie sind daher keine auf die eigenen Verhältnisse beschränkte Maßnahme, sie sind ein befolgtes Beispiel. Zugleich aber wieder ein gegebenes Beispiel, und so in endloser Kette weiter. Von einem Abschluß, einem Zielpunkt, von einer letzten Stufe ist da niemals die Rede und kann auch niemals die Rede sein. So ist nicht vorauszusehen, welche Typs von Schlachtschiffen die heutigen Dreadnoughts zum alten Eisen stempeln werden, und man weiß bei den Mehrforderungen für Land- und Seemacht nicht, wieviel die Bedürfnisse der Luftmacht betragen werden, an deren Einführung doch schon überall in aller Stille vorgearbeitet wird. Den Abschluß dieses Systems kann man sich nicht anders denken als Webberg, Die internationale Beschränkung der Rüstungen

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in Gestalt von Katastrophen: wirtschaftlicher Zusammenbruch, Ausbruch sozialer Verzweiflung über die unerträglich gewordenen Lasten. Dem mit geschlossenen Augen entgegenzuarbeiten, ist vernünftiger Menschen wahrlich nicht würdig.

Es bestehen eigentlich zwischen den kultivierten Staaten Europas gar keine anderen Kriegsgefahren als die, welche von gewissen Parteien immer an die Wand gemalt und durch die Mißtrauen erweckenden Vorbereitungen geschürt werden. Es besteht aber eine täglich wachsende Solidarisierung der friedlichen Interessen aller arbeitenden Völker; es existieren bereits funktionierende Institutionen des internationalen Rechts, es liegen schon von manchen Regierungen formierte Anträge auf Einsetzung eines Friedensrechts und Einschränkung der Rüstungen vor: kurz, es gibt einen lebendigen, handelnden, zielsetzenden Pazifismus, der sich nicht mehr ignorieren läßt; der aber, wenn er bald zum Katastrophen vorbeugenden Siege gelangen soll, der Zusammenarbeit aller seiner Anhänger bedarf.

Was durch die gegenwärtigen Zeilen bezweckt ist, ist eine einfache Protestkundgebung gegen die überall überhandnehmende Milliardenvergeudung mit ihrem Gefolge von Steuern, Schulden und Gefahren. Es ist eine Behauptung des Bodens, auf dem wir stehen, und es ist ein dringender Ruf an unsere gleichfühlenden Zeitgenossen, daß sie sich durch einzelne und korporative Zustimmung den Reihen der organisierten Friedenskämpfer anschließen, um deren Aktionsfähigkeit zu stärken."

D. Resolutionen der nationalen französischen Friedenskongresse

Le Congrès National des Sociétés Françaises de la Paix rappelle que la limitation simultanée et progressive des dépenses militaires est un des principaux objectifs des amis de la Justice et de la Paix et des travailleurs du monde entier.

Le Congrès émet l'avis que le parti pacifiste mondial doit s'efforcer d'obtenir la réunion d'une conférence des délégués des Gouvernements en vue de réaliser cette limitation.

Le Congrès estime qu'il doit organiser dans ce but une entente internationale parmi les militants du parti pacifiste mondial.

Le Congrès décide, à cet effet, de nommer cinq délégués, chargés:

1. De se concerter avec les Sociétés de la Paix des différentes nations, avec les parlementaires, les publicistes ou les hommes d'Etat favorablement disposés, en vue de former un Comité universel chargé de poursuivre et de réaliser cette entente internationale;

2. De faire toute la propagande nécessaire par des conférences, des meetings adoptant des vœux et des résolutions populaires, des publications et des distributions d'imprimés dans les principaux centres d'activité intellectuelle du monde;

3. De désigner un trésorier spécial et de réunir un fonds spécial nécessaire à la propagande entreprise. (Nîmes 1904.)

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