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Art. 36. Die Verhandlung ist öffentlich, die Urteilsberatung des Senats nicht öffentlich.

Zur Verhandlung können der Senat und die Parteien nach freiem Ermessen Sachverständige laden.

Auch zur Urteilsberatung kann der Senat Sachverständige mit beratender Stimme zuziehen. Die Parteien sind berechtigt, ebenfalls eine jede bis zu drei Sachverständigen zu bezeichnen, die an der Urteilsberatung mit beratender Stimme teilnehmen.

Art. 37. Es steht den Parteien frei, in welcher Sprache sie verhandeln wollen. Wenn nötig, sind Dolmetscher zuzuziehen.

Das Urteil ist französisch abzufassen und sogleich bei der Verkündigung mit amtlicher Übersetzung in jeder von einem der Streitteile geforderten nationalen Sprache zu versehen. Stellen sich nachträglich Abweichungen zwischen den verschiedenen Texten heraus, so entscheidet der französische Wortlaut.

Art. 38. Das Urteil ist in öffentlicher Sitzung zu verkünden und schriftlich den Parteien zuzustellen.

Es muß mit Gründen versehen sein, die sowohl den Tatbestand wie die Grundsätze der Entscheidung klarlegen.

Art. 39. Die Urteile sind in einer vom Gerichtshof herauszugebenden amtlichen Publikation zu veröffentlichen.

Art. 40.

Gegen das Urteil eines Senats kann eine jede der beiden Parteien binnen einem Monat Berufung an das Plenum des Gerichtshofs einlegen.

Das Verfahren vor dem Plenum richtet sich nach den Vorschriften der Art. 29-39.

Art. 41. Dem Plenum als Berufungsinstanz präsidiert der Senatspräsident, der an dem Tage, da die Berufung eingereicht wird, die Geschäfte führt, falls er nicht dem Senat, gegen dessen Urteil Berufung eingelegt wird, angehört. In diesem Falle wird der Präsident des I. Senats durch den des II., der des II. durch den des III., der des III. durch den des I. vertreten.

Gehört ein Präsident, den nach diesen Vorschriften die Leitung der Berufungsverhandlung trifft, einem der streitenden Staaten an, oder ist er durch einen derselben ernannt, so vertritt ihn sein Stellvertreter.

Ist dieser in gleicher Weise verhindert, so geht die Leitung nach den Vorschriften des vorigen Absatzes an den Präsidenten, eventuell den stellvertretenden Präsidenten eines anderen Senats über.

Art. 42. Jeder Senat ist an die Grundsätze, die er bei Entscheidung eines Einzelfalles aufgestellt hat, für Behandlung aller künftigen Fälle gebunden, solange nicht eine abweichende Plenarentscheidung des Gerichtshofs vorliegt.

Art. 43. Hat ein Senat gegen früher von ihm aufgestellte Grundsätze bei Verhandlung eines neuen Falles Bedenken, so kann er selbst die Entscheidung des Plenums anrufen.

Ebenso ist jeder Senat berechtigt, wenn er bei Behandlung eines Streitfalles Bedenken gegen die Befolgung einer Plenarentscheidung hegt, eine neue Entscheidung des Plenums herbeizuführen.

Gegen die unter solchen Umständen in erster Instanz gefällten Plenarentscheidungen gibt es keine Berufung.

Art. 44. Werden Grundsätze, die in einem früheren Urteil ausgesprochen worden sind, durch eine spätere Plenarentscheidung aufgehoben, so steht es jeder Partei zu, eine Wiederaufnahme des Verfahrens in der früheren Streitsache zu verlangen.

Ein solches Wiederaufnahmebegehren wird nach den Vorschriften der Art. 29-41 wie eine neue Klage behandelt.

Art. 45. Soweit in den Art. 29-44 nicht abweichende Vorschriften enthalten sind, finden die Bestimmungen der Konvention zur friedlichen Schlichtung internationaler Konflikte in der Fassung vom Jahre 1907 Art. 63-80 auf das Verfahren vor dem Gerichtshof entsprechende Anwendung.

Art. 46. Das Gehalt der drei Präsidenten und der drei stellvertretenden Präsidenten wird einheitlich durch Beschluß der Vertragsmächte festgesetzt. Erfolgt unter diesen keine Einigung, so entscheiden die acht zur Entsendung von drei Richtern berechtigten Mächte auf Vorschlag der sechs die Präsidenten ernennenden Regierungen. Ist auch unter ihnen kein Mehrheitsbeschluß zu erzielen, so gilt die geringere der vorgeschlagenen Summen.

Die Gehälter der übrigen Mitglieder des Gerichtshofs werden von der Regierung eines jeden Landes, das sie ernennt, bestimmt. Die Vertragsmächte werden sich aber miteinander ins Einvernehmen setzen, um eine möglichst gleichmäßige Festsetzung der Gehälter zu erzielen.

Art. 47. Das Präsidium des Gerichtshofs stellt das Gerichtspersonal an, bestimmt dessen Gehälter und entscheidet auch über die notwendigen sächlichen Ausgaben.

Art. 48. Zur Führung der Verwaltungsgeschäfte, insbesondere der Kassenverwaltung, wird die Regierung der Niederlande einen Kommissar ernennen, der unter Befolgung der Anordnungen des Präsidiums und im übrigen unter Kontrolle des für das Haager Tribunal bestehenden Verwaltungsrats (Haager Konvention von 1907 Art. 49) seines Amtes waltet.

Mit der Prüfung der Rechnungen wird die zur Prüfung der Rechnungen der Niederländischen Staatsverwaltung berufene Behörde betraut werden.

Art. 49. Die Kosten für den Gerichtshof werden in der Weise aufgebracht, daß jeder Staat die Gehälter der von ihm ernannten Richter bezahlt, die Gehälter des Präsidenten aber und ihrer Stellvertreter sowie alle sonstigen Ausgaben von allen vertragschließenden Mächten nach dem für das Internationale Bureau des Weltpostvereins festgestellten Verhältnis getragen werden.

Art. 50. Die Vertragsmächte werden binnen einem Monat nach Abschluß dieses Vertrages zu Händen des Kommissars für den Betriebsfonds des Gerichtshofs eine Einzahlung von 10000 Franken für jede ihnen zur Besetzung zustehende Richterstelle machen (die acht in Art. 18 Abs. II genannten Mächte also 30000, alle anderen 10000 Franken).

IV. Teil

Von der Geltung und der Dauer des Vertrags

Art. 51. Dieser Vertrag tritt mit dem heutigen Tage, ohne Ratifikationen abzuwarten, bindend für die Regierungen in Kraft, mit dem Vorbehalt, daß allen vertragschließenden Mächten der Rücktritt freisteht, falls in einem der vertragschließenden Staaten die etwa nach der Verfassung desselben erforderliche Genehmigung des Parlaments verweigert wird.

Seine Wirkung erstreckt sich schon auf das laufende Etatsjahr eines jeden Vertragsstaats.

Art. 52. Der Vertrag dauert ohne Kündigungsrecht das laufende Kalenderjahr aus und weitere fünf Jahre.

Art. 53. Erfolgt bis zum Ende des fünften Jahres, also ein Jahr vor Ablauf des Vertrags, keine Kündigung, so gilt der Vertrag als für weitere sechs Jahre verlängert, mit der Maßgabe, daß die in Art. 1 für Rüstungsausgaben zugelassenen Summen für die nächsten sechs Jahre um 5 Prozent vermindert werden. Die gleiche Bestimmung, mit jedesmaliger Herabsetzung der zulässigen Rüstungsausgaben um 5 Prozent der letzt vorhergehenden Begrenzung, gilt jedesmal für das Ende einer neuen Vertragsperiode.

Art. 54. Kündigt eine der Vertragsmächte den Vertrag, was jedesmal spätestens ein Jahr vor dem Ablaufstermin geschehen muß, so ist er damit für alle Vertragsmächte aufgehoben.

Soll er gleichwohl für die übrigen fortbestehen, so bedarf es einer besonderen neuen Vereinbarung.

Art. 55. Sollte eine der Vertragsmächte sich während des Bestehens des Vertrags weigern, ein vom Gerichtshof gefälltes Urteil zu befolgen, so ist jede der Vertragsmächte berechtigt, den Vertrag auch während der Vertragsdauer sofort ohne Frist zu kündigen, mit der Wirkung, daß damit das Vertragsverhältnis für alle Mächte, vorbehaltlich neuer Vereinbarung, gelöst ist.“

III. Rede von Prof. Dr. Quidde zur Begründung seines Entwurfs betreffend den Rüstungsstillstand auf dem Haager Weltfriedenskongresse von 1913

,... Es fragt sich, auf welchem Wege wir gegen die Rüstungen etwas erreichen können.

Es gibt Freunde unter uns, die das Heil in Sonderabkommen zwischen den einzelnen Staaten erblicken. Gewiß sind diese Sonderabkommen verdienstlich. Ich begrüße es außerordentlich, daß England und Deutschland zu der stillschweigenden Verständigung wenn sie vielleicht auch nur ganz vorübergehende Bedeutung hat über das Maß der Rüstungen in bezug auf die Dreadnoughts gekommen sind. Noch vor ein paar Jahren hieß es, das sei ganz unmöglich. Gewiß kann man auf diesem Wege vorwärts kommen. Aber jeder Vertrag zwischen bloß zwei Staaten hat den großen Fehler, daß er von jeder dritten Macht, die nicht an den Vertrag gebunden ist, durchbrochen werden kann.. Wenn die dritte Macht, unbekümmert um den Vertrag, rüstet, so kommen die vertragschließenden Teile dazu, erklären zu müssen: wir möchten den Vertrag gerne halten, aber es geht nicht mehr.

Es gibt auch Freunde von uns, welche meinen, die Frage werde gelöst, wenn einmal eine Großmacht vorangehe. Das ist möglich. Aber ich möchte das meinem Lande nicht zumuten, und auch keinem anderen Staate. Vielleicht wird trotzdem einmal dieser Weg beschritten; wahrscheinlich ist es nicht.

Es ist auch denkbar, daß eines Tages eine tiefe internationale Volksbewegung sich über alle Erwägungen und Paragraphen hinwegsetzt, daß eine revolutionäre Bewegung die Regierungen zwingt, endlich einmal etwas zu tun. Es ist möglich, daß das kommt; aber das ist unsicher und läßt sich nicht systematisch vorbereiten.

Wir, von unserem Standpunkte aus, müssen das Problem ins Auge fassen, ob und wie es möglich ist, einen allgemeinen internationalen Vertrag über die Beschränkung der Rüstungen zu schließen.

Ich habe versucht, dem Problem etwas näher zu kommen, und zu diesem Zwecke den Vertragsentwurf ausgearbeitet, den ich Ihnen vorlege. Dabei betone ich von vornherein entschieden, daß wir den Kongreß in keiner Weise für den Entwurf engagieren wollen. Wir können heute diesen Entwurf überhaupt nicht diskutieren, denn der Beratung hier im Kongreß müßte eine Vorbereitung in der Kommission vorausgehen. Daß diese nicht stattfinden konnte, ist meine Schuld; ich habe meine Sünde bekannt, andere mögen die ihrige auch bekennen. Wir wollen Sie für nichts engagieren, nicht einmal für den Grundgedanken, sondern wir schlagen in der Resolution bloß vor, es sei zweckmäßig, die Frage weiter zu studieren. Ich glaube aber sagen zu dürfen, daß damit doch etwas Neues geboten wird, das wert ist, studiert zu werden, und daß es nützlich ist, auf die Einzelheiten einzugehen.

Ich bezwecke mit dem Entwurf zweierlei. Einmal möchte ich zeigen, wo die Schwierigkeiten stecken - das ist der erste Schritt, um sie zu überwinden —, und zweitens möchte ich zeigen, wie diese Schwierigkeiten vielleicht doch gelöst werden könnten. Ich bin selbst sehr stark davon überzeugt, daß bei einem solchen Abkommen große sachliche Schwierigkeiten zu überwinden sind. Ich will Sie nun nicht mit dem Wortlaute des Entwurfs hinhalten, sondern Ihnen nur kurz die Probleme vorführen, die der Entwurf aufstellt und zu lösen sucht.

Wir waren uns schon bei früheren Beratungen darüber klar, daß, wenn wir zu einem allgemeinen internationalen Abkommen über Beschränkung der Rüstungen kommen wollen, der Ausgangspunkt die Totalsumme der Rüstungsausgaben sein muß. Nun ist die erste Schwierigkeit die: welches sind die Rüstungsausgaben? Das scheint sehr einfach zu sein, aber wer sich in die Sache hineinversenkt, wird finden, daß die Entscheidung schwierig ist. Ausgaben, die wir einem solchen Abkommen als Ausgangspunkt zugrunde zu legen haben, sind die normalen jährlichen Ausgaben, die ein Staat heute oder zur Zeit des Vertragsabschlusses für die Rüstungen aufwendet. Da bietet sich sofort die Schwierigkeit, daß die Budgets einer Reihe von Staaten mit Ausgaben belastet sind, die nicht in Berechnung fallen können, weil sie durch besondere vorübergehende Verhältnisse verursacht sind. So werden in den nächsten Jahren die Balkanstaaten Millionen und aber Millionen aufwenden müssen, um die vom Krieg zerstörten Rüstungen wieder zu ergänzen. Wenn wir das Abkommen im Jahre 1915 abgeschlossen denken, so würde Bulgarien ganz gewiß ein Rüstungsbudget haben, das weit über das Normale hinausginge. Es würde vielleicht ein Rüstungsbudget von 80 oder 100 Millionen Franken präsentieren, und wir würden ihm erklären: wir können dieses Budget nicht als normal anerkennen, denn darin stecken 30 oder 50 Millionen Franken, die ihr aufwendet, um eure Rüstungen wieder zu ergänzen; euer normales Budget beträgt bloß 50 Millionen Franken. Es wird nicht einfach sein, sich darüber zu verständigen, das Einsetzen der Ziffern wird vielmehr eine sehr schwierige Aufgabe sein. Ich habe mich derselben nicht unterzogen. Der Mangel an Zeit hat mich glücklicherweise verhindert, mich leichtsinnig auf dieses schwierige Gebiet zu begeben. Ich überlasse es den Fachleuten, diese Frage zu lösen und die Ziffern einzusetzen. Damit ist eines der Probleme berührt. Man vergleiche Art. 1.

Wir werden die bisherigen jährlichen normalen Rüstungsausgaben für die Zukunft zugrunde legen müssen, und da kommt eine analoge Schwierigkeit. Ein Teil der Staaten wird sagen: Für die nächste Zukunft müßt ihr uns etwas hinzubewilligen, denn wir sind in der Lage, gewisse Organisationspläne durchführen zu müssen, oder wir haben noch unsere durch den Krieg zerstörten Rüstungen zu ergänzen; wenn ihr uns diese Ausgaben in Art. 1 abgezogen habt, müßt ihr uns gestatten, solange das Bedürfnis fortdauert, diese Ziffern wieder hinzuzulegen. Diese Frage ist in Art. 3 behandelt. Wir würden, gestützt auf diese Bestimmung, Bulgarien vielleicht erklären: Für 1915 und 1916 bewilligen wir euch noch, 30 Millionen Franken mehr auszugeben, aber nachher ist Schluß, von 1917 an treten die normalen Ziffern ein.

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