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Frieden 1713 das Fürstenthum Oranien an Frankreich abtrat. Der Fürst Johann Wilhelm Friso von Nassau - Dieß protestirte ohne Erfolg, nahm aber jezt wenigstens den Titel von NassauOranien an, den das Haus noch jezt führt*); er ertrank den 14. Juli 1712. Sein erst nach dem Tode des Vaters, am 1. Sept. 1712 ge= borener Sohn Wilhelm Karl Heinrich Friso, Erbstatthalter von Friesland, wurde unter dem Namen Wilhelm als ein siebenjähriger Knabe 1718 zum Statthalter von Gröningen, 1722 zum Statthalter von Drenthe und Geldern gewählt, und verstärkte die Macht der oranischen Partei in den Generalstaaten durch seine 1733 vollzogene Verhei rathung mit der Tochter des englischen Königs Georg II. Seine Partei benüßte die Kriegsverhältnisse mit Frankreich), um dem Volke die Nothwendigkeit darzuthun, in dem Prinzen Wilhelm dem Hause Oranien wieder die Generalstatthalterwürde zu übertragen, und so wurde dieser Wilhelm IV. nach und nach auch in den übrigen Provinzen zum Statthalter, Generalcapitän und Generaladmiral ernannt, und 1748 wurde die Generalstatthalterwürde der sieben Provinzen in dem Hause Wilhelm's IV. in männlicher und weiblicher Linie für erblich erklärt; 1749 wurde derselben auch die Verwaltung der im westphälischen Frieden von den spanischen Niederlanden den Generalstaaten abgetretenen Theile Flanderns und Brabants (der sogenannten Generalitätslande) zugesprochen, ebenso das Directorium der westindischen und ostindischen Handelscompagnie. Wilhelm IV., der auch sämmtliche vier Landestheile des nassau-ottonischen Stammes, Hadamar, Siegen, Dillenburg und Dieß, an seine, die dieß'sche Linie gebracht hatte, starb 1751. Sein erst dreijähriger Sohn Wilhelm V. stand anfangs unter der Vormundschaft seiner Mutter Anna, die 1759 starb, von da an unter der Vormundschaft der Generalstaaten selbst, trat 1766 die Regierung an und vermählte sich in demselben Jahre mit der Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, Schwester des nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm II. Seine Mutter hatte sich als Vormünderin den Prinzen Ludwig von Braunschweig-Wolfenbüttel zum Beistand erwählt, der auch bei der Großjährigkeit des Erbstatthalters seinen Einfluß behielt, aber im Lande, namentlich durch seine Begünstigung der englischen Interessen, viel Unzufriedenheit erregte. Das Bestreben der Holländer, die Erbstatthalterschaft wieder ganz abzuschaffen, führte 1787 ein Einrücken der Preußen herbei, worauf am 3. Juli 1788 die Rechte des Erbstatthalters von allen Provinzen wieder anerkannt und für ein Grund*) Das Fürstenthum Oranien, im jeßigen französischen Departement Vaucluse, so genannt von dem Städtchen Orange, gehörte bis 1530 dem Hause Chalons Oranien. Als in diesem Jahre der Fürst Philibert kinderlos starb, kam das Fürstenthum an seine Schwester Luise, die mit dem Grafen Renatus von Nassau-Dillenburg vermählt war, und auf diese Weise an das Haus Nassau.

geseß der Republik erklärt wurden. Als aber die französische Republik am 1. Febr. 1793 dem Erbstatthalter den Krieg erklärt hatte und die Franzosen im folgenden Jahre des Landes Meister geworden waren, legte Wilhelm V. für sich und seine Söhne seine bisherigen Aemter nieder und ging nach England, wo ihm Hamptoncourt zum Wohnfiß eingeräumt wurde. Eine Versammlung von Volksdeputirten erklärte am 26. Jan. 1795 die Erbstatthalterwürde für aufgehoben und das Land zur batavischen Republik. Die sieben Provinzen wurden in Departe= ments verwandelt, ihre einzelnen Verfassungen aufgehoben; eine Gesammt= verfassung wurde eingeführt, an die Stelle der Generalstaaten trat eine Nationalversammlung: französische Einrichtungen, womit die Einwohner ganz und gar nicht zufrieden waren. Je nach den Veränderungen in der Verfassung der Franzosen erhielt auch die batavische Verfassung ihre Abänderungen. Die Verbindung mit Frankreich führte ungeheuere Ausgaben und Lasten und den Verlust vieler Colonien an die Engländer herbei, so namentlich den des Caps der guten Hoffnung (1795). Als Napoleon 1804 Kaiser geworden war, gab er der Republik eine mehr monarchische Verfassung und am 8. Juni 1806 seßte er seinen Bruder Ludwig zum erblichen, constitutionellen König ein, wobei er erklärte, daß Holland ein unabhängiger Staat bleiben und niemals mit Frankreich vereinigt werden sollte; freilich aber blieb sein Bruder Ludwig, so gerne dieser auch im Interesse seines Landes selbstständig gehandelt hätte, in völliger Abhängigkeit von der Politik des Kaisers. Als das Widerstreben Ludwigs gegen die Holland so nachtheiligen Verfügungen des Kaisers, namentlich gegen die Continentalsperre, völlig ohne Erfolg blieb und die Spannung zwischen ihm und Napoleon immer drohender wurde, legte Ludwig am 1. Juli 1810 zu Gunsten seines ältesten Sohnes seine Krone nieder und ging als Privatmannn nach Graz in Destreich; Holland aber wurde jezt dem französischen Neiche völlig einverleibt; alle Staatseinrichtungen, Gerichtshöfe und Verwaltungsbehörden wurden auf französischen Fuß gesezt, die Conscription wurde eingeführt und das Continentalsystem mit der äußersten Strenge aufrecht erhalten. In diesem Verhältniß blieb Holland bis zum November 1813. Am 20. Nov. 1813 erließ General Bülow, der mit einem preußischrussischen Armeecorps gegen die Niederlande anrückte, eine Aufforderung an Holland zum Anschluß an die Alliirten, worauf sich die Holländer erhoben und den Grafen Hogendorp und Baron van der Duyn van Maasdam an die Spiße der nationalen Bewegung stellten, welche auch sogleich die Farben des Hauses Nassau - Oranien aufsteckten. bildete sich eine provisorische Regierung; der Prinz Wilhelm von Oranien, Sohn des 1806 zu Braunschweig verstorbenen Erbstatthalters Wilhelm V., der bisher in Preußen gelebt hatte, sich aber gerade in England aufhielt, um die Interessen seines Hauses zu vertreten, wurde herbeigeholt und landete am 29. Nov. 1813 in Scheveningen. Das Volk empfing ihn mit dem größten Enthusiasmus; die am 2. Dez. in

Amsterdam von den Commissarien des provisorischen Gouvernements von Holland erlassene Proclamation erklärte ihn für den souveränen Fürsten dieses freien Landes." Die Truppen der Verbündeten im Verein mit den holländischen Freiwilligen hatten die Franzosen bald völlig aus dem Lande gedrängt; am 29. März 1814 wurde die neue Verfassung von König und Volk angenommen; ein mit England am 29. Okt. 1814 geschlossener Staatsvertrag stellte die von England den Holländern genommenen Colonien, wie sie Holland im Jahr 1794 besessen hatte, zurück, mit Ausnahme des Cap's der guten Hoffnung, Demerary's, Esseque bo's und Berbice's, wogegen Holland auf dem Festlande durch Belgien ansehnlich entschädigt werden sollte. Durch den wiener Gongreß wurden Belgien und Lüttich mit Holland vereinigt, der Fürst Wilhelm als Wilhelm I. zum König der Niederlande und Großherzog von Luremburg erhoben, und am 16. März 1815 als solcher in Haag ausgerufen. Seine Stammländer in Deutschland trat der König gegen den Besiß von Luremburg an Preußen ab.

Die spanischen Niederlande (Belgien) blieben nach dem westphälischen Frieden spanisches Eigenthum und wurden auch ferner durch spanische Statthalter regiert. Der Erzherzog Leopold Wilhelm, der die Statthalterwürde seit 1648 bekleidet hatte, übergab dieselbe 1656 an Don Juan d'Austria, den natürlichen Sohn des spanischen Königs Philipp IV. Im pyrenäischen Frieden (1659) mußte Philipp IV. an Frankreich die Grafschaft Artois, Gravelines, Landrecy, Thionville u. a. von den Niederlanden abtreten. Fortan folgen beständige Angriffe des eroberungssüchtigen Ludwig's XIV. Nach dem Tode des Königs Philipp IV. will Ludwig XIV. angebliche Rechte, die er sich durch seine Verheirathung mit einer spanischen Prinzessin auf die spanische Monarchie erworben, zur Geltung bringen und beginnt den sogenannten Devolutionskrieg, es müssen ihm auch wirklich im Vertrag von Sct. Germain en Laye (23. Jan. 1668) und im Frieden von Achen (2. Mai 1668) Lille, Charleroi, Courtray c. abgetreten werden; im nymweger Frieden gibt er einige dieser Pläße wieder heraus, erhält aber dafür andere, wie Valencienne, Cambray, Condé x. Im Jahr 1691 wurde der Kurfürst Marimilian von Bayern Statthalter der spanischen Niederlande. Der Sohn des Kurfürsten Joseph Ferdinand war von dem kinderlosen Karl II., König von Spanien, zum Erben der spanischen Monarchie eingesezt, starb aber plößlich (1699). Ludwig XIV. wußte den Kurfürsten zu gewinnen, und als Karl II., in dessen Testament jezt Ludwig's Enkel Philipp von Anjou zum Erben eingesezt war, 1700 starb, öffnete der Statthalter den französischen Truppen die Festungen des Landes; doch behauptete Ludwig im utrechter Frieden 1713 neben der spanischen Krone für seinen Enkel, nicht auch die spanischen Niederlande; diese mußten an Oestreich abgetreten werden, das wiederum in einigen festen Plägen des Landes den Hollän= dern das Besagungsrecht einräumte (Barrieretractat). Die von jezt an

östreichischen Niederlande blieben bei Oestreich von 1713 bis 1794. Oestreich ließ die Einrichtungen des Landes, wie bisher, fortbestehen und dasselbe gleichfalls durch Statthalter regieren. Der erste war Prinz Eugen von Savoyen, ihm folgte Maria Elisabeth, die Schwester Kaiser Karl's VI., dann Prinz Karl von Lothringen, der Schwager Maria Theresia's, unter welchem im östreichischen Erbfolgekrieg die Franzosen das ganze Land eroberten, aber im Frieden von Achen 1748 wieder herausgaben. Karl von Lothringen, der sehr Viel für die Hebung der Niederlande that, starb 1780; es folgte ihm Maria Christina, die Schwester des Kaisers Joseph II., in Verbindung mit ihrem Gemahl, dem Herzog von Sachsen-Teschen. Kaiser Joseph II. hob 1781 den Barrieretractat auf, die Holländer zogen ihre Truppen aus den Festungen zurück; auch verlangte er von den Holländern die Herstellung der Grenzen nach dem Vertrag von 1664, die durch den westphälischen Frieden bestimmte Schleifung einiger Festungen, die Abtretung mehrerer Gebietstheile und die Entfernung des vor Lillo liegenden Wachtschiffes. Der Streit wurde durch den Vertrag von Paris (20. Sept. 1785) dahin verglichen, daß die Grenzen nach dem Vertrag von 1664 regulirt wurden, Destreich Alt-Lillo und Liefskenhöck und 10 Millionen Gulden von Holland erhielt, aber auf die freie Scheldeschifffahrt verzichtete. Der Versuch Joseph's II., die östreichischen Niederlande an den bayrischen Kurfürsten Karl Theodor als Königreich (jedoch ohne Namur und Luremburg) gegen Bayern zu vertauschen (1785), scheiterte an der Opposition des Königs von Preußen Friedrich's II., welcher der Protestation des Herzogs von Zweibrücken und der bayrischen Stände nöthigen Falls mit den Waffen Nachdruck zu geben bereit war. Joseph II. dehnte seine Reformen auch auf die Niederlande aus, verbot die Processionen und Wallfahrten und zog Klöster ein; die bürgerliche Regierung änderte er nach östreichischen Formen um, hob den permanenten Ausschuß der Stände auf und theilte das Land in neun Kreise (Brüssel, Antwerpen, Gent, Brügge, Luremburg, Limburg, Namur, Tournay, Mons). Durch seine Reformen verlegte er viele Privilegien; einzelnen Provinzen aber waren ihre Rechte in dem jedesmaligen Bestätigungsbrief, der sogenannten Joyeuse entrée, mit dem Beisaß zugesichert, daß sie, im Falle der Regent die Privilegien verlegte, zu fernerem Gehorsam nicht verbunden seien. Anfangs verweigerte man die Abgaben, bald aber brach die allgemeine Unzufriedenheit in offenen Aufstand aus, zunächst in Brabant, wo man die brabanter schwarz-roth-gelbe Fahne aufpflanzte. Die Oberstatthalterwürde bekleidete damals der Herzog Albert von Sachsen-Teschen; er billigte die Maßregeln Joseph's nicht; der Vollstrecker des kaiserlichen Willens war der kaiserliche Minister Graf v. Belgiojoso. Im Jahr 1788 hob Kaiser Joseph die seinen Neuerungen fich hartnäckig widerseßende ultramontane Universität Löwen auf, im Jahr 1789 die Joyeuse entrée, in demselben Jahre bildete sich aber auch aus den Ausgewanderten unter van der Noot ein revolutionäres Armeecorps, das vom holländischen

Gebiet aus einfiel, der Oberstatthalter mußte aus Brüssel fliehen, die Regierung und die östreichischen Truppen zogen sich nach Luremburg zurück, sämmtliche Provinzen, mit Ausnahme Luremburgs, erklär= ten fich für unabhängig und gründeten unter dem Namen vereintes Belgien am 11. Jan. 1790 einen eigenen Staat, der von einem Congreß regiert wurde. Kaiser Joseph starb am 20. Febr. 1790; sein Bruder und Nachfolger Leopold II. versprach in einer Proclamation vom 3. März 1790, Alles wieder auf den alten Fuß zu stellen und die Privilegien anzuerkennen. Die Aufständischen, die sich indessen in eine aristokratische Partei, welche die alte Verfassung, und in eine demokratische, welche eine Verfassung nach Art der neuen französischen verlangte, ge= theilt hatten, wiesen seine Vorschläge zurück. Jezt nahmen 30,000 Mann Destreicher unter General Bender mit Gewalt von dem Lande Besiß, worauf sodann Leopold die Rechte bewilligte, wie sie am Ende der Regierung der Kaiserin Maria Theresia bestanden hatten, und der Herzog Albert von Sachsen-Teschen seine Statthalterwürde wieder antrat. Schon 1792 brachen die Franzosen in das Land, brachten dasselbe im Jahr 1794 vollständig in ihre Gewalt und machten eine Republik Belgien daraus. Im Frieden von Campo Formio (1797), und wiederholt im Frieden von Lüneville (1801) wurden die östreichischen Niederlande sodann von Destreich förmlich an Frankreich gegen Venedig abgetreten und dem französischen Neiche einverleibt. Sie theilten fortan das Schicksal Frankreich's, bis im Jahr 1814 die Alliirten Besiß von dem Lande ergriffen. Diese ließen die belgischen Provinzen zunächst durch den östreichischen Feldmarschalllieutenant Vincent als Generalgouverneur verwalten, weil Oestreich die nächsten Ansprüche darauf hatte. Da sich Destreich aber lieber in Italien entschädigen lassen wollte, so kamen die Minister der Großmächte, besonders auf Betrieb Englands, schon im Juni 1814 überein, daß die belgischen Provinzen mit den Niederlanden vereinigt werden sollten. England wünschte aus Holland einen kräftigen Mittelstaat zu bilden, der für Großbritannien eine Vormauer gegen Frankreich sein könnte, und hatte sich außerdem, da es die oben genannten holländischen Colonien behielt, verbindlich gemacht, für anderweitige Entschädigung Holland's zu sorgen. Aus den Verhandlungen des Grafen Glancarty, des englischen Gesandten in Haag, mit dem Fürsten Wilhelm ging sodann die Acte vom 21. Juli 1814 hervor, welche festsezte, daß Belgien und Holland fortan nur einen einzigen Staat bilden sollten, und daß die bereits in Holland eingeführte Verfassung vom 28. März 1814*), unter den nöthigen, nach beiderseitiger Uebereinstimmung gemachten Abänderungen, auch auf Belgien ausgedehnt werde. Die verschiedenen Gonfeffionen sollten gleiche Rechte, Belgier und Holländer gleiche Ansprüche auf öffentliche Aemter erhalten, die Staats

*) Findet sich bei Pöliz, europ. Verfassungen, Lpzg. 1832, Band II. S. 192.

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