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Schrift und vorzüglich in dem Pentateuch, führen die Kabbalisten an, daß daselbst oft sehr unbedeutende Gegen. stände vorkommen, die überflüssig scheinen. Als z. B. daß Noamah, die Schwester Thu bal kains (1. M. 4, 21) und Thimna die Schwester Lotons war (1, M. 36, 32); daß Jakob die Rachel gefüßt habe (1. M. 19, 11); die Aufzählung der Regenten in Edom (1. M. 36, 31) u. s. w. Auch finden sich daselbst viele unnöthig scheinende Wiederholungen, als z. B. das dreimal wiederholte Verbot, ein Zieglein an der Milch sei. ner Mutter gekocht, zu essen; die Geschenke, welche je der der zwölf Stammfürsten der Israeliten bei der Eins weihung der Stiftshütte gebracht hatte, werden (4. M. 7, 12-83), ob sie gleich alle von gleicher Qualität und Quantität waren, bei jedem besonders wörtlich wiederholt; und dergleichen. Wiederholungen gibt es mehrere. Da nun ein auch nur etwas gebildeter Mensch solcher Pleonasmen und unnöthigen Wiederholungen sich nicht bedienen würde, um so weniger sey dieses von Gott zu vermuthen, wenn nicht in einem jeden, dem Profanen überflüssig scheinenden Worte in diesen Schriften. ein tiefes Geheimniß verborgen liege, wozu die Kabbalah den Schlüssel gibt.

Geschichte der Kabbalah.

Ueber die Entstehung der Kabbalah sind die Meinungen

verschieden. Einige *) glauben, Gott habe diese Wissenschaft oder die Lehre, wie Gott durch die Thora die Welt erschaffen hat, sie erhält und regiert, dem Adam gleich bei seiner Schöpfung mündlich mitgetheilt; doch aber habe er sich derselben, so wie mehrerer Vorzüge **), durch den Sündenfall verlustig gemacht, indem er sie ganz vergessen habe. Nachdem er aber Buße gethan, und Gott um nochmalige Mittheilung dieser Wissenschaft gebeten, habe Gott alles, was er ihm ehemals davon mündlich mitgetheilt hatte, in ein Buch, welches Ses pher Jezirah 173" 700 (das Buch der Schöpfung) heißt, zusammen geschrieben, und es dem Adam durch den Engel Rafiel Særzustellen lassen. Dies ses Buch habe Adam auf seinen Sohn Seth vererbt, von welchem es successive bis auf unsere Zeiten herabge= langt ist.

*) Das Buch Rasiel fol. 1.

**) So z. B. reichte Adam bei seiner Schöpfung von der Erde bis zum Himmel; nach dem Sündenfall aber ward er seiner Höhe bis auf 500 Ellen erniedriget. (Talmud Trakt. Chagigah).

Der Sohar im Abschnitte Beres chith sagt hier. über Folgendes: »Als-Adam_im Paradiese war, ließ ihm Gott durch den heiligen Engel Rasiel, den Vorgesezten der obern Geheimnisse, ein Buch zustellen, worin die obere heilige Weisheit beschrieben war. In diesem Bus che waren zwei und siebenzig Arten der Weisheit in sechshundert und siebenzig Abschnitten beschrieben. Mittelst dieses Buches wurden ihm fünfzehnhundert Schlüssel zur Weisheit übergeben, die keinem der obern Heiligen bekannt waren, und alle blieben geheim, bis dieses Buch an Adam gekommen ist. Als nun Adam dieses Buch er. halten hatte, versammelten sich die höchsten Engel um ihn her, um Weisheit von ihm zu hören, und sprachen : » Erhebe Gott! dich über die Himmel, über die ganze Erde deine Majestät (Ps. 57, 6). Da erschien ihm Der heilige Engel Hadarniel, und sprach zu ihm: Adam! Adam! halte geheim die Schäße deines Herrn, » denn es ist keinem von den höchsten Engeln' erlaubt, » von den Schäzen deines Herrn so viel zu wissen, als » dir. Von nun an hielt er dieses Buch verborgen und geheim, benüßte täglich diesen Schaß des Herrn, welcher ihm die obern Geheimnisse entdeckte, von wel chen auch die vorzüglichsten Engel nichts wußten, bis er. aus dem Paradiese vertrieben wurde. Als er aber fün digte, und das Gebot des Herrn übertrat, entfloh ihm dieses Buch. Da zerschlug er sich den Kopf, und stieg bis an den Nacken in den Fluß Gichoe, und blieb das selbst so lange, bis das Wasser seinen Körper mit einem Rost überzog, und seine Gestalt ganz verändert wurde. Nun winkte Gott dem Engel Raphael, und dieser gab ihm das Buch zurück, er las fleißig. darin, und hinterließ es seinem Sohne Seth. Von diesem kam es auf Thanoch, und von ihm auf die übrigen Geschlechtsfolgen

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bis auf Abraham, der auch daraus die Würde seines Herrn erkennen lernte, »

Andere sind der Meinung, die mündliche Ueberliefes rung Gottes im Bezug auf diese geheime Wissenschaft an Adam, habe sich ebenfalls mündlich durch alle Geschlechtsfolgen von Adam bis auf Abraham fortgepflanzt. Abras ham aber habe diese Wissenschaft in einem Buche unter dem Titel Sepher Jezirah beschrieben, und dasselbe an seinen Sohn Isaak, dieser aber an seinen Sohn Jakob übergeben, welcher es dann an seine zwölf Söhne überliefert haben soll. Als aber dieses wichtige Werk während der israelitischen Sklaverei in Ägypten in VerLust gerathen ist, habe Gott die darin enthaltenen Geheimnisse dem Moses auf dem Berge Sinai abermals mündlich geoffenbart, um sie wieder durch mündliche Tradition bei den Vornehmsten, Weisesten und daher Würs digsten der Nation zu erhalten *). Als aber dieselbe in der babylonischen Gefangenschaft abermals in Vergessen= heit gerieth, habe Gott sie dem Esras nach seiner Zurückkunft nach Jerusalem, neuerdings bekannt gemacht, und ihm befohlen, sie schriftlich zu verfassen.

Diese lehte Meinung bestätiget das apokryphische vierte Buch Esra. Daselbst wird im Bezug auf diesen Gegenstand (14, 22 ff.) erzählt: Gott habe dem Esra befohlen, fünf Männer, Namens Serah, Dabira, SaIem, Echa und Asiel mit sich auf das Feld zu nehmen, und von ihnen dasjenige aufschreiben zu lassen, was er ihm eingeben werde. Esra befolgte diesen Auftrag, verbarg sich nebst diesen fünf Männern vierzig Lage an eis

Nebst diesem soll nach der Meinung des R. -Joseph
Gikatilia auf Sinai Gott ihm noch ein kabbalistisches
Buch, betitelt pɔnn 19p übergeben haben.

aen geheimen Ort, während welcher Zeit Gott ihm alle jene Geheimnisse, welche er dem Moses einst auf dem Berge Sinai geoffenbaret hatte, mittheilte. Esra lies dieses alles von den gedachten fünf Männern in siebenzig Bücher zusammen schreiben, in welchen, wie er sich im 47. Vers ausdrückt, die Quelle der Vernunft, der Brun nen der Weisheit und der Strom der Wissenschaften ent halten ist *), die Gott befohlen hat, den Weisesten im Volke nur mitzutheilen **).

Wenn nun gleich die Meinung der Kabbalisten über das Ulter der Kabbalah, als eine Überlieferung von Gott an Adam oder Abraham 2c. zu übertrieben ist, so ist es doch wahrscheinlich, daß, indem die Juden eine lange Zeit in der ägyptischen Dienstbarkeit waren, sie während dieser Zeit vieles von den 'gottesdienstlichen Gebräuchen, und auf diesen Gegenstand Bezug habenden Meinungen der Ägyptier angenommen habeu. Und da die uns bekannt gewordenen ägyptischen Mysterien, wie wir in der Folge sehen werden, mit den kabbalistischen Grundsägen vieles, gemein haben, diese schon zu jener Zeit bei dem wissenschaftlichen Theil der Nation Wurzel gefaßt haben.

Wahr ist es auch, daß eine geheime Chiffersprache bei den Juden schon in den ältern Zeiten eristirte, und kabbalistische Säße, Redensarten und Schrifterklärungen

*) In his enim est vena intellectae et sapientiae fons,

et scientiae flumen.

**) Graf Pico von Mirandola, ein großer Kabbalist, der in der zweiteu Hälfte des 15. Jahrhunderts in Italien lebte, sagt (in feiner Apologia S. 83) daß er diese Bücher (vermuthlich nur eine Abschrift davon) nicht nur gesehen, sondern für eine Summe von 14000 Dukaten erkauft habe.

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