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Psychologie.

Im Bezug auf die Seele des Menschen statuiren die Kabbalisten drei Grundsåße. Erstens, daß die Sees le des Menschen ein Ausfluß der Gottheit sey. 3 wei tens, daß sie von einem Körper in den andern versegt werde, und drittens, daß es bestimmte Orte gibt, wo die Seele nach dem Tode belohnt oder bestraft werde.

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über den ersten Sah erklärt sich R. Isaias Hors wig *), wie folgt: „Die Seele des Menschen, sagt er, ist ein Theil der Gottheit, entsprungen aus seiner We fenheit, gleich einem Sohne, welcher aus der Wesenheit seines Vaters entfeimt. « Daß aber der Unendlichkeit Gottes im Bezug auf ihre Quantität, durch den un anfhörlichen Ausfluß der Seelen nichts entzogen, wird, hierüber sagt R. Elchanan **): »Die Seele ist ein Licht und Feuer, jeneni großen Lichte und heiligen Feuer des Namens Jehova entflossef. Daher sagt auch die Schrift (5. M. 4, 24); » Gott ist eine verzehrende Flamme, das heißt: so wie ein Licht von einem andern angezündet, dem ersten an seiner Quantität nichts ent ziehet, eben so entgehet der Unendlichkeit Gottes nichts, obgleich die unendliche Zahl der Menschenseelen ihm ent fließen. »

Alle diese Seelen, sagen sie, präeristiren, und hal. ten sich in einem besondern Behältnisse auf, welches Guf a heißt, und alle waren sie bei der Gefeßger

*) Im Buche Schne luchoth haberith no. **) Im Buche Emek hamelech.

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bung auf dem Berge Sinai gegenwärtig. Daher heißt es (5. M. 14, 15): Nicht mit euch allein errichtete ich einen Bund, sondern zugleich mit denen, welche hier vor unserm Gott mit uns zugegen sind, und auch mit jenen, die hier nicht zugegen sind. Wie fonnte nun Gott, fragen fie, mit denen einen Bund errichten, wel che zu dieser Zeit noch gar nicht existirten? Antwort: Unter den Gegenwärtigen werden jene verstanden, die mit Leib und Seele anwesend waren; unter den Nichtr gegenwärtigen hingegen jene, welche zwar nicht dem Körper, wohl aber der Seele nach auf Sinai anwesend waren. Der Jalkut Chadasch sagt bei dieser Stel le: Die Unzahl der präeristirenden Seelen ist sechsmal hunderttausend. Denn, seßt er hinzu, die Thora ist die Wurzel der Seelen; da nun jeder Vers in der Thora sechsmal hunderttausend Erklärungev fähig ist *), so entstehet eine jede Seele aus einer dieser Erklärungsarten. Es gibt aber auch Seelen, die aus mehreren dieser Ers klärungsarten zusammengesezt sind. Die Seele des Mese fias hingegen bestehet aus einer Komposition aller dieser sechsmal hunderttausend Erklärungsarten.

Der Verfasser des Buches Emek hamelech gibt eine andere Nachricht von der Präeristenz der Seelen. Er sagt: Uls Gott den Adam erschaffen hatte, waren in feiner Seele sechsmal hunderttausend männliche und eben so viel weibliche Seelen vereiniget. Nach dem Sünden.

*) Der Verfasser des Buches Leb Apie 178 24
gibt den Beweis, daß die heilige Schrift sechsmal
hunderttausend Erklärungsarten zuläßt, dadurch, weil
das Wort Seraph die Anfangsbuchstaben von

ba6 beift : federal bunberttaus) ששים רבוא פרצופים

send Bestalten) enthält, welches auf eben so viel Ers
Elärungsarten der heiligen Schrift angewendet wird.

falle aber würden diese Seelen von ihm getrennt, und sanken in die briatische Welt hinab, bis zu dem Dri te, der Hechal Jehovah in an heißt. Da wur, den die weiblichen Seelen von den männlichen separirt, and fanken noch tiefer bis an einen Ort, der Libnath hafsaphir noon na genennt wird. Den Bes weiß, daß alle Seelen in der Seele Adams vereint wa ren, sagt er, gibt Salomo, indem es (Spr. 20, 27) heißt: Die Seele des Menschen (Adams) ist ein Licht Bottes & und verstehet darunter, daß so wie ein Licht (oder vielmehr der Docht einer Kerze) aus mehreren Fä den zusammen gedrehet ist, so waren auch die Seelen aller Menschen mit der Seele Adams verflochten *).

Über die Beantwortung der Frage, ob Gott für je. den Menschen bei seiner Entstehung eine neue Seele ers schafft, oder ob er alle Seelen gleich bei der Weltschöp. fung im Vorrathe erschaffen habe; dann zu welcher Zeit die Seele in den Körper eintritt, ob nämlich gleich bei der Empfängniß, oder bei dem Austritte aus dem Muts terleibe, haben von jeher, sowohl die ältern Philosophen als auch die Kirchenväter und Theologen, ihren Verstand auf die Folter gespannt, und Hypothesen auf Hypothe. en gethürmt. Man sehe hierüber Malche philosophi. sches Lexicon, unter dem Schlagwörte Seelen wans derung.

Plato **) sagt: Die Schöpfung der Seelen geschah auf folgende Art: Der Weltschöpfer schüttete in den

*) Dieser Rabbi nimmt das Wort Adam in diesem Verse nicht als einen gemeinen Namen Mensch sondern als eigenen Namen des Erstgeschaffenen.

**) Tim, de an, mund. ap. Plat, t. 3. P. 99.

Becher, worin er die Weltfeele bereitet hatte, das aufgesparte übrige derselben, bildete die besondern Seelen daraus, fügte zu den Menschenseelen ein Theilchen des göttlichen Wesens, und schrieb ihnen unwiderstehliche Schicksale vor.

Nun nahmen die Untergötter (Engel)

aus der Materie einige Theilchen der vier Elemente, ver fetteten sie durch unsichtbare Bände, und rundeten um die Seele her die verschiedenen Theile der Körper, wels che ihnen zum Fuhrwerke dienen sollen, um sie von ei nem Orte zum andern zu geleiten, a

» Die unsterbliche und vernünftige Seele bekam ihs ren, Plaß in dem erhabensten Theile des Körpers, um dessen Bewegungen zu lenken. Aber aus dieser göttli Untergöfter eine sterbliche

chen Kraft bildeten auch die vernunftlofe Seele, als den Siz der Wollust, welche das Böse herbeiziehet; des Schmerges, welcher den Ges nuß des Guten stört'; der Kühnheit und der Furcht, wel che nur zu Unbesonnenheiten rathen; des schwer zu siil. lenden Grams; der leicht zu täuschenden Hoffnung, und aller der andern heftigen Leidenschaften, welche die noth wendige Mitgift unserer Natur sind. Diese lettere Seele nimmt in dem menschlichen Körper zwei Gegenden ein, welche eine Scheidewand fondert. Der erzürnbare Theil, mit Kraft und Muth ausgerüstet, fand feinen Sig in der Brust, wo er, der unsterblichen Seele näher, die Stimme der Vernunft besser vernehmen kann; wo auch alles zusammentrifft, feine wilden Ausbrüche zu máßigen ;. die Luft, welche wir einathmen, die Getränke, welche uns fühlen, und selbst die Gefäße, wodurch die Säfte nach allen Theilen des Körpers geleitet werden, Denu Dieser Mittel bedient sich die Vernunft, wenn sie den beginnenden Reiß des Zorns bemerkt, um durch Dro-, hungen und lauten Aufruf alle Sinne zu erwecken, ih

nen die Theilnahme an den strafbaren Ausschweisungen des Herzens zu untersagen, und dieß leßtere, wider sei. nen eigenen Willen, in Unterwürfigkeit zu erhalten."

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Liefer herab in die Gegend des Magens hin, ward der andere Theil der sterblichen Seele gebannt, welche nur mit den grohen Bedürfnissen des. Lebens zu thun hat; ein gieriges wildes Thier, das von der Woh nung der unsterblichen Seele entfernt feyn mußte, damit sein Gebrülle und seine Anforderungen nicht ihre Be schäftigungen store. Indessen, behält sie immer ihr Recht auf ihn; und da sie ihn nicht durch die Vernunft leiten kann, so überwältigt sie ihn durch die Furcht. Weil er nahe bei der Leber wohnt, so seichnet sie auf dieses glänzende und glatte Eingeweide, die für ihn furchte barsten Gegenstände hin. Er siehet in diesem Spiegel nur scheußliche und drohende Runzeln, nur Schreckge. stalten, die ihn mit Bekümmerniß und Efel erfüllen, Ein andermal folgen auf diese traurigen Gemälde, ange nehmere und lachende Bilder. Denn die Untergötter wollten, um ihren Auftrag gemäß, uns alle Vollkom. menheiten zu verleihen, deren wir empfänglich wären, daß dieser blinde und grobe Theil unserer Scele durch einen Strahl der Wahrheit erleuchtet würde. Dieser Vorzug konnte die unsterbliche Seele nicht treffen; denn die Zukunft entschleiert sich niemals vor den Blicken der Vernunft, sondern offenbaret sich nur im Schlafe, in Krankheiten, und in der Begeisterung.

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