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viele auch Charlatanerie damit trieben, ist leicht zu erz achten.

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Selbstbiographie einige entseßliche Beispiele. Ein we gen seiner Frömmigkeit damals bekannter jüdischer Gelehrter, sagt er (2. Th. S. 182 ff.) Simon aus Lubotsch, der schon die Theschubath Hakanah des Kanah welche

bie Bube, תשובת הקנה

darin bestand, daß er sechs Jahre nach einander täglich
gefastet, und am Abende nach diesem Fasten nichts von
allem, was von einem lebendigen Wesen herkommt, ge
nossen, dann Galoth ma, d. h. eine beständige
Wanderung, wo man nicht zwei Tage an einem Orte
bleiben darf, ausgeübt hatte, glaubte noch nicht genug
zur Befriedigung seines Gewissens gethan zu haben,
wenn er nicht noch auch die Theschubath hamisch-
Eal Spoon naon, d. h. einer jeden Sünde
proportionirte Buße ausüben werde. Da er aber nach
Berechnung gefunden hatte, daß die Anzahl seiner Süng
deu zu groß sey, als daß er sie auf diese Art abbüßen
köune, so ließ er sich einfallen, sich zu Tode jù huns
gern. Nachdem et schon einige Zeit auf diese Art zus
gebracht hatte, Eam er auf seiner Wanderung an den
Ort, wo mein Vater wohnte, und ging, ohne daß Vjes
mand im Hause etwas davon wußte, in die Scheune,
wo er ganz ohumächtig auf den Boden niederfank. Mein
Vater kam zufälliger Weise in die Scheune, und fand,
diesen Mann, der ihm schon längst bekannt war, mit
einem Sohar 11 (Das Hauptbuch der Kabbalisten)
in der Hand, halbtodt auf dem Boden liegen. · Da er
schon seinen Mann kannte, ließ er ihm gleich allerhand
Erfrischungen darreichen, aber dieser wollte auf keine
Weise davon Gebrauch machen. Mein Bater kam zy
verschiedenen Malen, um ihn zu bewegen, daß er et
was Speise zu sich nehme, aber es half nichts.
nun mein Vater im Hause etwas zu verrichten hatte,
und dieser Gaft sich von der Zudringlichkait seines Wirths
losmachen wollte, strengte er alle seine Kräfte an, mach-
te sich auf, ging aus der Scheune, und endlich aus
dem Dorfe.
Als mein Vater abermals in die Scheune
kam, und den Mann nicht mehr fand, lief er ihm
nach, und fand ihn hinter dem Dorfe todt liegen. Die

Da

го

Ungefähr in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gelüftete es einigen auch nach dem Geruche der Heilige keit, denen aber die dazu geachtete Versagung aller Genüsse und Abtödtung des Fleisches nicht behagte bahnten sie sich dazu einen weniger beschwerlichen Weg. Sie behaupteten nämlich, daß die Gottgefälligkeit in eis ner Vereinigung und gleichsam Zusammenschmelzung des Menschen mit dem göttlichen Wesen bestehe, welches nur durch Concentrirung des Menschen in sich selbst, und dadurch die Beschauung Gottes (Contemplation) erwirkt. werden könne, wozu man nur durch die Befriedigung, zwar nicht aller Lüste, doch aber aller förperlicher Bedürfnisse, ja selbst des Vergnügens, so viel zur Erweckung und Belebung der inneren Gefühle nöthig sey, gelangen kann. Die Abtödtung des Fleisches und Versagung der

Sache ward überall unter den Juden bekannt, und

Simon war cip?

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Heiliger. «

» Joffel aus Ploze, erzählt Maimon weiter, nahm sich nichts geringeres vor, als die Ankunft des Messias zu beschleunigen. Zu diesem Ende that er strenge Buße, fastete, wälzte sich im Schnee, wachte ganze Nächte durch u. d. gr. Mit jeder Art dieser Operationen glaubte er, die Niederlage einer Legion bör fer Geister (Klipoth nipp), die dem Messia& in dem Wege stehen, und seine Ankunft hindern, bewerkstelligen zu können. Dazu kamen noch viele tabbalistische Alfanzereien, als Räucherungen, Reinigungen, Beschwörungen u. d. g. bis er julegt darüber wahnsin nig wurde, wirklich Geister mit offenen Augen zu sehen glaubte, jeden derselben mit Namen "nannte, um sich warf, Fenster und Öfen zeeschlug, in der Meinung, daß es seine Feinde, die bösen Geister wären (ungefähr wie fein Vorgänger Don Quixote) bis er endlich ganz ermattet egen blieb, und nachher mit vieler Mühe durch den Leibarst des Fürsten Radziwil wieder herges stellt wurde.

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Genüffe hingegen, behaupten sie, store die zur Contems plation nöthige Seelenruhe und den hiezu unentbehrliz chen Frohsinn, als eine hiezu unentbehrlich nothwendige Stimmung des Gemüths,

Sie beschränkten daher die Vereinigung des Mens schen mit Gott bloß auf die Zeit des Gebets, und lehrten, daß dasselbe mit Undacht, das heißt, mit Anstrengung aller Geistes- und Seelenkräfte und gänzlicher Zer nichtung des äußern Menschen verrichtet werden muß. Dieses, sagen sie; sey das einzige Mittel, wodurch der Mensch in den Stand gesezt werde, sich mit Gott zu vereinigen, und als dessen Organ nicht nur in die subs lunarische Welt, sondern selbst in die himmlische Regios nen und Geisterwelten nach Belieben einzuwirken. Außer der Gebetzeit aber, behaupten sie, sey der Mensch perpflichtet, alle seine natürlichen Gefühle zu entwickeln, seine Geistes- und Körperkräfte sø viel möglich in Thátigkeit zu bringen, und sich den möglichst erweiterten Wirkungskreis zu verschaffen.

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So unschuldig diese Behauptung an sich selbst ist und so sehr sie richtig angewendet, und das Hyperbolis sche und Abergläubische abgerechnet, die Thätigkeit in dem gesellschaftlichen und bürgerlichen Leben zu beför dern im Stande ist, so sehr artete sie dennoch mit der Zeit, als der Anhänger dieser Meinung viel wurden, und zu einer Sefte sich formirten, gewaltig aus. Die, Selbstzernichtung des Menschen, obgleich Anfangs bloß auf die Zeit des Gebets beschränkt, dehnte sich endlich abermals auf das ganze Leben diefer Sekte aus, und unterwarf den Willen Uller, welche dieser Meinung zugethan waren, mit einer mit einer blinden Anhänglichkeit, der Willkühr jener zu Regenten dieser Sekte sich aufgeworfenen Häuptlinge, die als Repräsentanten der Gottheit sich aus

gaben, in deren Willen der Wille aller Subalternen sich concentriren müsse. Jeder ihrer Einfälle ward zur göttlichen Eingebung, jedes ihrer Worte zum Orakelsprus che, jeder rege Trieb zum Gottesruf, und jeder ihrer Befehle zur unabweichlichen Regel erhoben.

Da nun diese Häuptlinge sich die Superioritát über ihre Anhänger nicht durch reele Wissenschaften, sondern bloß durch Scheinheiligkeit und empirische Menschenkenutniß vindicirt hatten, übrigens aber in allem menschlichen Wissen außerst ignorant waren, so konnte der Erfolg uns möglich anders werden, als er wirklich sich realisirte, Das heißt, Unterdrückung aller Kenntnisse und Wissenschaften, Beseitigung der Vernunft, und Vergötterung (Apotheose) eines oder einiger Menschen.

Die Entstehungsgeschichte dieser Sekte und ihrer Ausbreitung ist folgende: Im Jahre 1740 *) lebte in dem Flecken Tlusty; vormals Zaloscziker nun Czartkower Kreises in Pohlen ein Maun, Naniens Israel **) Baalschem ***), welcher später nach Medzivoje, eine

*) Ungefähr zu gleicher Zeit mit dem berüchtigten Jakob Frank, der bei der Sekte der Sohariten eine große Rolle spielte. Man siehet schon daraus, daß beide aus einer und derselben Quelle schöpften, nur daß jeder von ihnen einen besondern Weg einschlug.

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**) Den Salomon Maimon unrichtig R. Joel nennt. ***) Mit dem Ausdrucke Baal - schem Dw byɑ verbinden die spätern Juden jenen Begriff, welchen die Griechen mit dem Worte Theurgos verbanden. Sie verstehen darunter einen Menschen, der mit Geistern in Verbindung stehet, und sie, ja selbst auch Gott, durch ge= wisse Ceremonien, als z. B. Räucherungen, Reinigungen, Aufschreiben, Aussprechen, oder auch nur im Sinne haben gewiffer Worte, vorzüglich der verschiedenen Namen, welche die Kabbalisten Gott oder vielmehr seinen personifi

Stadt im Gouvernement Podolien jog, von wo aus er seine Lehre und Grundsäße bekannt zu machen anfing, und einen Kreis von Lehrlingen um sich her versammelte.

Die Thaten und wunderbaren Ereignisse dieses Man. nes erzählt die Legende in einem in Barditschew im Jahre 1814 zum erstenmale gedruckten, von einem gewissen R. Bár aus Lienz, unter dem Titel ch iw che has bescht wanna *) verfaßtem Werke, welches von dieser Sekte so fleißig gelesen wird, daß es bereits im Jahre 1818 fünf starke Auflagen, sowohl in rabbinischals auch jüdisch deutschem Dialekte erlebt hatte. Die von diesem Stifter dieser Sekte als Regulative für seine Anhänger aufgestellten Grundsäge, welche den Koder ih rer Glaubens- und Verhaltungslehren ausmachen, fine den sich in einem von ihm selbst verfaßten, und von ei nem seiner Enkel unter dem Titel Sepher hamidoth M170A 700 (Sittenbuch) herausgegebenen Werke.

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Bon diesem Buche sagt der Herausgeber in der Vorrede: Es ist unsere Pflicht, sämmtlichen Mitgliedern unseres Bundes bekannt zu machen, daß die Herrlichkeit unsers 3adiks **) deß nun leider verloschenen Lichts

cirten Eigenschaften Midoth 170 beilegen, ur Ausführung seines Vorhabens oder Wunsches bewegen, und nöthigen Falls auch zwingen kann.

*) Das Wort Bescht vuya ist ein aus den Anfangsbuchstaben der Worte Baal schem to a pa zufammengezogener Ausdruck, welches ein Wortspiel ist, und sowohl einen Menschen, der durch die heiligen Namen Gottes und der Engel übernatürlich zu wirken vermag, als auch einen Mann von sehr gutem und weit ausgebreitetem Ruf bedeutet ; daher werden auch seine Anhänger Befchtianer genannt.

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Um sich von den übrigen Juden, die ihre Volkslehrer entweder wie die pohlnischen und deutschen Rabbiner

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