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wegen, ober anderer Geschäfte halber sich dahiu begee benden Chassidáåer, versammeln sich gewöhnlich des Sabbaths Abends in der Behausung des Zadiks zu einem Piknik, wohin jeder um dem Zadik keine Kosten zu verursachen, sein Essen und Trinken mit sich bringt, welches sie 1190 chalosch Sendoth besser (7190) dritte Mahlzeit) *) nennen, Bei diesen Zusammenkünften, welche gewöhnlich bis spåt in die Nacht hineiu sich verziehen **), werden Lieder kabbalistischen Inhalts in chaldäischer Sprache, größtenthrils von R. Isaak Luria verfaßt ***) ges fungen.

Wir wollen unter mehreren dieser mystischen Lieder nur eines, welches sich mit den Worten Bne he chalah Dichfiphin Boɔ ɔn 12 anfängt, zur Probe übersehen. Dieses Lied lautet, wie folget: » Die Kinder des Pallasts, welche sich scheuen, den "DIJK ^^YT

*) Nach dem Thalmud soll jeder Israelite am Sabbathe drei Mahlzeiten halten, nämlich Freitag Abends beim Eintritte des Sabbaths, Sonnabends Mittags, und nach dem Vespergebete.

**) Dieses geschiehet aus einem doppelten Grunde: weil erstens nach kabbalistischer Versicherung am Sabbathe Abends in den himmlischen Regionen Freude und Jubel herrsche, welches aber mit dem Ausgange des Sabbaths sich endige. 3 weitens sollen nach eben dieser Lehre, die verdammten Seelen in der Hölle, vom Eintritte des Sabbaths bis zu dessen Austritt, von allen Höllenplas gen befreiet seyn. Um hun diese armen Seelen von ihren Qualen so lange als möglich frey zu erhalten, . suchen die Chassidder die Beendigung des Sabbaths möglichst zu verzögern, weil vermuthlich die himmlischen Schergen nan & sich nach ihren Willen richten

müssen.

***) Siehe Artikel Rabbalah.

Seir Anphin *) anzusehen, mögen hier bei dieser Lafel erscheinen, wo der König in seinem Bilde gegenwär= tig ist. Freuet euch alle in dieser Versammlung, in deren Mitte geflügelte Engel aller Art sich befinden. Freuet euch eben jezt zu einer Zeit, wo nur guter Wille und kein Zorn (in den himmlischen Regionen) herrscht. Kommt herbei, betrachtet eine Versammlung, von der jeder unreine Geist ausgeschlossen ist. Ausgestoffen sind sie, und nicht herein dürfen diese frechen Hunde. Der Altbetagte (Gott) hat beschlossen, daß zur Abendzeit sie verschwinden müssen. Es ist sein geoffenbarter Wille, diese unreinen Geister zp alle zu vernichten. Bannen wird er sie einst in ihre Löcher, zwischen grausen Felsenklüften. Wahrlich jezt zur Abendszeit herrscht Freude bei dem Seir Unpý in.

Bei dieser Gelegenheit wird dem Methkruge und der Branntweinflasche, als allgemein bekannte Mittel zur Begeisterung, tapfer zugesprochen **). Hier zeigt der Zadik gewöhnlich seine Gelehrsamkeit, seinen Wit, und besonders seine Divinationsgabe im größten Lichte. Je= der der anwesenden Gäste nämlich sagt leinen Vers aus der heiligen Schrift, so wie er ihm ungefähr in den Mund kömmt. Über diese verschiedenartige und heterogene Bruchstücke hält der Zadik, ohne sich lange darüber zu besinnen, aus dem Stegreife eine Rede, in welcher er diese

*) Die Kabbalisien stellen die " (logos), den sie Adam Kadmon nennen, oft unter dem Ausdrucke Seir Anphin oder das kleine Gesicht (Microcosmus), im Gegensake des Arich Anphin DIN 7978 (Macrocosmus) vor. Siehe Artik, Kabbalah.

**) Durch den Meth gelangt der Mensch zur Begeisterung. als das vorzüglichste Mittel zur Erweckung der Andacht. Lik. Amarim S. 31.

heterogenen Verse verbindet, als wären sie von jeher ein Ganzes gewesen. Diese extemporirte Reden werden von den Hörern gesammelt, und oft auch zum Drucke befőrdert, und aus diesen Collectaneen bestehen ihre exegetischen Schriften. Außer diesem Ertemporiren und dem Vorbeten an den hohen Festtagen, welches beides auch ihm frei stehet, es zu thun oder zu unterlassen, wird von dem Zadik weder in der Synagoge noch außer derselben. eine religiöse Funkzion ausgeübt. Selbst die Entscheidung des Erlaubten und nicht Erlaubten der Speisen, in welchem Falle diese Sekte sich nach der thalmudischen Lehre verhält, ist die Sache des Zadiks nicht, und es wird auch darauf nicht gesehen, ob er Kenntniß darin habe.

Obgleich die Thalmudisten zugeben, daß die Worte der heiligen Schrift verschiedene Deutungen leiden, so halten sie dennoch dafür, daß man im Allgemeinen sich an die einfache, das heißt mit der Vernunft und dem Geiste der hebräischen Sprache übereinstimmenden Erklårung, welches sie mit dem chaldäischen Ausdrucke Pschat VOD (gerade, einfach) benennen, zu halten habe *). Die Chassidder aber behaupten, daß dieser Ausdruck Pfchat nicht aus dem Chaldäischen, sondern aus dem Hebräischen herzuleiten sey, und die Bedeutung von Ausziehen und Entkleiden habe **). Sie nehmen daher mit den Kabbalisten an, daß der gemeine Wort. verstand nicht die Hauptsache, sondern eine bloße Hülle des darunter verborgen liegenden geheimen Sin nes in der heiligen Schrift fen. Der gemeine Wort

*) Daher heißt es im Thalmud (Trakt. Bezah): Bei Erz klärung der heiligen Schrift darf man nicht von dem ge

.אין המקרא יוצא מידי פשטו rabent fortfinnte abweichen

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sinn müsse daher als nichts oder unbedeutend abgestreift, und der geheime Sinn als das Wesentliche der Schrift daraus hervorgezogen werden *). Dieser geheime, unter der Schale des Tertes verborgen liegende Kern, bes haupten sie, sey der Zweck, weswegen Gott die heiligeOchrift eigentlich bekannt gemacht, und gleichsam verkörpert habe, wozu auch dem Zadik von Gott der Schlüssel gegeben worden sey **). Zur Probe der chassidäischen Exegese mögen folgende Beispiele dienen.

David sagte (Pf. 15, 1): „Von Gnade will ich

*) Daher wollen auch manche, vorzüglich neuere Kabbaliften behaupten, daß die Befolgung des mosaischen Gesezes nach seiner wörtlichen Erklärung in den ge= genwärtigen Zeiten nicht mehr verbindlich sey, indem man zur Befolgung dieser Geseze nur in so lange verbunden war, als die Welt in dem Olam hatohu nnn by (das heißt des Chaos) war, da aber die Welt nun in den Olam hatikun pan big (der Vervollkommnung) übertreten ist (siehe den Artikel Kabbalah) so sey die Befolgung dieser Geseze nicht mehr nöthig.

**) Wie der Mensch aus einem groben sichtbaren Körper und einer geistigen unsichtbaren Seele zusammengefeßt ist, so bestehet auch die heilige Schrift aus dem Wortverstande, welcher gleichsam der Körper, und aus dem geheimen Sinne, welches die Seele dieser Schriften ist. Dem Zadik ist es gegeben, dem Geseze (der Thora) die Decke, welche den geheimen Sinn verhüllt, abzuziehen, und den wahren Sinn unverschleiert darzustellen, Indem nun der Zweck aller menschlichen Handlungen, und vorzüglich jener des Zadiks seyn muß, die himmlischen Begattungen, nämlich Gottes mit der Matrone (Schechis nah oder der wirkenden und leidenden Kraft) zu bewir ken, und bei der Begattung das Ausziehen der Kleider gewöhnlich ist, so muß auch bei der Erklärung der Tho ra, welche als die Braut Gottes anzusehen ist, von ihrem Gewande, nämlich dem allgemein verständlichen Wortsinn, entblößt werden. Is mach Leb S. 4. ff.

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singen and vom Rechte. « Nun heißt im Hebräischen der Ausdruck: ich singe, afchirah 778; der Chassidáer aber liest dafür afsirah now, das heißt: ich wende ab. Und indem er die kabbalistische Behauptung vorausseßt, daß Gott sich der beiden Eigenschaften, nám lich des strengen Rechts Midath-hadinz'n MTD, und der Barmherzigkeit Midath harachamim O`RIN MTD, wechselsweise bedient, legt er diesem Verfe folgende Bedeutung unter: Ich (nämlich der Zadik) will das strenge Recht Gottes von den Israeliten (Chassidáern), feine Gnade aber von den übrigen Menschen abwenden.

» Singt Gott ein neues Lied, sein Lob in der Vers sammlung der Frommen on sagt David Pf. 149, 1. Diesen Vers erklärt der Chassidder auf folgende Art: Die Eigenschaften Gottes als des vollkommensten Wesens, sagt er, müssen die Eigenschaften eines jeden andern Wesens unendlich weit übertreffen; folglich muß auch sein Lob, das heißt, der mündliche Ausdruck seiner rühmlichen Eigenschaften über das Lob aller übrigen Wesen erhaben seyn. Bis jeßt, fährt der Chassidäer fort, bestand das Lob Gottes darin, daß man seine übernatürlichen Wirkungen, die durch seine Allmacht und Allwissenheit hervorgebracht werden, rühmte. Da aber gegenwärtig (da nach neu kabbalistischer Meinung die Welt bereits in dem Grade der Vollkommenheit sich bes findet), die Frommen (Chassidder) eben im Stande sind, die Zukunft voraus zu sagen, und mittelst ihres bloßen Willens auf die gesammte Natur, ja selbst auf Gott gleichsam allmächtig und übernatürlich zu wirken, so hat dießfalls Gott vor dem Zadik keinen Vorzug; daher muß man bedacht seyn, Gott neue Eigenschaften anzueignen, und daher auch neue Loblieder in Bezug auf diese ihm anzueignenden neuen Eigenschaften zu dichten.

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