Images de page
PDF
ePub

R. Nehemias, der, wie oben erwähnt, den Sabbathai verrathen hatte, und ein Muselmann wärd, kehrte nach dem Tode Sabbathais zum Judeuthume zurück, nahm die sabbathianischen Grundsäße an. Er bereiste ganz Griechenland, die Moldau, Wallachei und Pohlen, verkündete allenthalben die Wunder Sabbathais und seis ne Lehren, pflanzte sie in diesen Gegenden, und vorzüg. lich in Pehlen fort, und verschaffte sich einen sehr zahlreichen Unhang. Verfolgt von den Rabbinen und aus Pohlen vertrieben, wendete er sich nach Deutschland und Holland, machte auch da viele Proselyten, und starb endlich in Amsterdam.

Nach dem Tode Sabbathais folgte fein Schwager Jakob Philosophus, der den Beinamen seines Leh rers und Schwagers, annahm, und sich Jakob Zewp nannte, mit Beihilfe' eines gewissen Florentino, die fabbathaische Lehre fort, bereiste den Orient, schaffte sich. daselbst einen großen Anhang, und starb, nachdem er die muzametanische Religion angen.mmen hatte, auf der Rückreise von einer Wallfahrt nach Mecca, in Alerows drien. Seine Stelle übernahm sein Sohn Berach jah, der sich in Salonikseiner Geburtsstadt niederließ, und von da aus wach verschiedenen unternommenen Reis sen seine Anhänger, die bereits sich zu einer förmlichen Sefte gestaltet hatten, dirigirte.

Noch jest, sagt Niebuhr "), findet man in Sa lonit wohl sechshundert Familien, die sich zu dieser Seka te bekennen, und als solche unter dem Namen Dola máh, das ist Abtrunnige, sowohl bei Muhametanern

In einem Auffahe, betitelt: Von den verschiedenen Nationen und Religionspartheien im türkischen Reiche, eingerückt im deutschen Mufäum Jul. 1984.

als Juden und Christen bekannt sind. Sie wohnen gern bei einander, und verheirathen ihre Töchter weder an Muhametqner noch Juden. Obgleich sie selbst als auch ihr Oberhaupt sich zur muhametanischen Religion baken men, so besuchen sie dennoch die Moschee überaus felten, und haben dagegen heimliche Zusammenkünfte untersich selbst Unterdessen wollen sie als Muhametaner angese hen feyn, und die Türken verlangen bis jezt noch keinen Charadsch*) von ihnen. Da man aber viele reiche Kaufleute unter ihnen antrifft, so wird es ihnen nicht felten von dem Pascha und dem Kadi vorgeworfen, daß Fie den weißen Turban ergriffen haben, um keine Kopfsteuer zu bezahlen; und um eine solche Beschuldigung von sich abzulehnen, müssen sie dann ansehnliche Ges schenke geben, damit man sie nicht zwingt, fich in attem als Muhametaner zu betragen. Sie beschneiden zwar ihre Kinder am achten Tage, dieß ist aber das Einzige, was sie von den Gebräuchen der Juden beobachten, ste fastenaso wenig mit den Juden als mit den Muhametanern, halten den Sabbath nicht heilig, und schäßen das hohe Lied Salomons höher als die Bücher Mosis und Den Koran. Ich selbst, sest Niebuhr hinzu, habe nie. mals einen Dolmäh gesehen, und wenn ich auch Gele= genheit gehabt hätte, einen kennen zu lernen, so würde er mir doch wohl nichts von den Grundsäßen seiner Religion geoffenbart haben. Leute, die fie gut zu kennen scheinen, versichern, daß sie genau auf ihr Wort halten, und im Handel keinen übermäßigen Vortheil verlan gen. &

zu gleicher Zeit that sich ein anderer Wundermann

Kopfgeld, welches die Juden und andere Nichtmuhames taner entrichten müssen.

hervor

in Smyrna berygt, Namens Daniel Israeli. Dies fer war eigentlich kein Gelehrter oder Rabbi, sondern nur ein Vorbeter in der Synagog in, aber er wußte seinen Prophezeiungen durch augenscheinliche Beweise kräftigen Nachdruck zu geben. Als einst mehrere Men schen zum Besuche bei ihm waren, erhub er sich plög: lich von seinem Size mit den Worten: »Ich höre etwas, und mein Inneres bebt“ (Habak. 3, 16), ging in ein anderes Zimmer, und ihm folgte eine feurige Kugel. Als er nach einigen Minuten zurückkam, sahe man den Namen mit feurigen Buchstaben auf seiner Brust glänzen, und er verkündigte, daß Sabbathai Zewy noch an einem verborgenen Orte lebe, und in 111 zur Erlösung Israels als Messias erscheinen werde. Er berief sich dabei auf die Prophezeiung Daniels, ivo es heißt (12, 12), Heil dem Manne, der ausharrt 1335 Tage*, welche Tage er als Monate anyahm. nun deßwegen von der Gegenparthei auf das Heftigste verfolgt, und bei dem Kadi als Ruhestörer angeklagt wurde, trat er, um der Straße zu entgehen, zur ́ muhaz.' metanischen Religion über.

Jahren

218 er

Auch in Tripolis stand zu eben dieser Zeit ein Arzt, Namens Michael Kardoso, als Anhänger des Sabz hathai auf, und schaffte demselben, mit Beihilfe seines Bruders Raphael Kardoso, eine mächtige Parthei in Tripolis, Fes, Tunis, Algier, Marokko, überhaupt in der ganzen Barbarei, und selbst in Ägypten; indem er bewies, daß es nicht nur von Sabbathai wohlgethan war, vom Judenthume abzufallen, sondern daß es Pflicht von jedem Israeliten fey, so wie überhaupt, auch in diesem Falle ihn zu folgen, auf das vollführt werde, was Moses (5. M. 28, 36) fagt: „Ihr werdet dort (in eurer Gefangenschaft) fremden Göttern dienen.«

Auch der Thalmud selbst sagt (Trakt. Sanhedrin): »Der Messias, Davids Sohn, kann nicht eher kommen, als bis die ganze Welt (alle Juden) entweder gauz tugendhaft oder ganz lasterhaft sey. Nun argumentirte diefer Kardoso: Ulle Juden tugendhaft zu machen, würde eine fehr lange Zeit dauern, lasterhaft zu werden hingegen ist eine leichtere Sache, und kann in einer fürzern Zeit geschehen. Da nun der Abfall von der Religion das größte Laster ist, so sey es das leichteste Mittel, die Anfunft des Messias baldmöglichst zu befördern, wenn alle Juden ihre väterliche Religion perlassen. ` Dieser Beweis wirkte so kraftig, daß sehr viele seiner Anhänger die mu hametanische Religion annahmen.

Ob nun gleich vie Rabbinen in Jerusalem, Kon, stantinopel, Smyrna, Italien und Pohlen diese Selte mit Eifer verfolgten, und allenthalben Bannbriefe wider sie herumschickten, ließen es die Anhänger Savbathais eben an Mitteln nicht fehlen, um ihren Anhang zu ver mehren; besonders da ihr Anhang in Pohlen bereits fehr zugenommen hatte, und schickten zu diesem Zwecke Emissåre in alle Länder aus. Im Jahre 1700 bereisten ein und dreißig jüdische Familien, welche ungefähr aus 120 Personen bestanden, unter Anführung eines gewis sen R. Jehuda Hachafsid, ganz Böhmen, Mäh. ren, Deutschland und Holland, unter dem Vorwande nach Palästina zu reisen. Diese Menschen predigten in ́allen Synagogen Büße, mit dem Zusage, daß eben jept die Zeit der Ankunft des Messias nahe sey. Da nun dieselben mehrere Tage in der Woche fasteten, und die übrigen Tage in der Woche, außer dem Sabbath, nichts aßen von dem, was je Leben hatte, auch täglich sich mehrmal im Flußwasser badeten, und dergleichen Kas freiungen mehr an sich übten, wurden sie Chassidim

On (Fromme) genannt, als heilige geachtet, und ihre Lehre von der Messiaswürde Sabbathais und feiner baldigen Erscheinung fand bei sehr vielen Eingang.

Biele Leichtgläubige verkauften Haus und Hof, fe lossen sich diesem Pilgerschwarm an, um mit ihnen nach Palästina zu reisen, so daß bevor sie die türkische Gränze überschritten, ihre Anzahl mehr als auf 1500 Personen anwuchs. Diese Truppe ward allenthalben, wo sie hinkam, von den Gemeinden verköstiget, und über. dieß noch mit Geld beschenkt. Ihr Hauptsammelplag war in Nitol. burg in Mähren, von wo sie nach Wien, und von da ihre Reise auf der Donau fortsetten. Auf dieser Reise aber riß unter diesen Pilgern eine anstecken, de Krankheit ein, woran viele starben, und kaum die Hälfte nach Jerusalem ankam, und am dritten Tage nach ihrer Ankunft starb auch daselbst ihr Anführer R. Jehuda Hachassid. Die früher in Jerusalem wohnenden Juden wurden auf diese neuen Anfómmlinge eifersüch tig *), verfolgten sie als Kezer auf alle mögliche Weise,

* Hier ist zu bemerken, daß die in Jerufalem, Hebron und in noch einigen palästinischen Städten wohnenden Juden bloß vom Almosen, welches ihnen von ihren Glaubensgenoffen aus allen Ländern reichlich zugeschickt. wird, unterhalten werden; weshalb jährlich einige Jus den aus Palästina sowohl den Orient als Europa und. Afrika bereisen, und das Geld, welches zu diesem Be hufe gewöhnlich Montag und Donnerstag in der Synas goge gespendet wird, sammeln, nach Hause bringen, und es daselbst vertheilen. Erst unter der Regierung Joo sephs des II. wurden diese Sammlungen in den östers reichischen Staaten verboten, welches in den übrigen eus ropäischen Staaten, entweder eben durch Verbote von Seiten der Regierung, oder durch eigene Einsicht, daß die einheimischen wirklichen Armen zu unterstüßen noth wendiger fey, als auswärtige frömmelnde Müssiggänger au füttern, abgekommen is. Die Eifersucht der damali

« PrécédentContinuer »