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ungeachtet regelmäßig erscheint, so nimmt es auch in diesen für ihn unbegreiflichen, aber auch zugleich regelmäßigen Ers scheinungen nicht die Kräfte, welche Gott in die Natur ge= legt hat, als Mittel, sondern allenthalben ein unmittelbares Einwirken der Gottheit, oder was noch verderblicher ist, überall Mittelgeister als unmittelbare Ausflüsse der Gottheit an. Kommt noch dazu eine allzurege Phantasie. - eine gewöhnliche Erscheinung bei Menschen, die mehr mit der übernatur oder Unnatur als mit der Natur selbst sich befassen so schafft sie sich zu diesem Behufe unzählige monströse Phanto me. Um nun diese, Luftgebilde fest zu halten, und sie sich und andern zu verständigen, reckt und streckt er diese Schats tenbilder nach allen Seiten, zerrt sie hin und her, kleidet sie, da er keine reelle Ausdrücke dafür finden kann, in einen Schwall von nichtssagenden Tyraden und hohlen Phrasen, verkörpert und personificirt sie, und bevölkert Himmel und Erde und alle Elemente mit diesen bloß in seinem Gehirne existirenden Unwesen. Dieser Wahn gehet dann so weit, daß er glaubt, diese Imaginationen als verwirklichte. Erscheinungen (Dämonophanien) essentiell zu sehen, sich in ihrer Nähe zu fühlen, und wähnt sie durch äußere Mittel, als Sprüche, Amulete, Räucherungen, Beschwörungsformeln u. d. g. nach seinem Willen lenken zu können. ein kleiner Schritt von da bis zum Gößendienste. war der grobe Gößendienst, der Polytheismus wie die Idololatrie anders, als verkörperte Ideen, entstanden im Ges hirne von Menschen, die den wahren Gott nicht kannten, oder nicht kennen wollten, welche die ägyptischen, indischen und hellenischen Priester individualisirt, in Hyerogliphen eingekleidet, und in Abbildungen versteckt haben?

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Wahrlich,

Denn was

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Durch diese meine Angabe ist also keineswegs mein Wille, die gute Absicht der alten Kabbalisten verdächtig zu machen, sondern bloß darthun wollte ich, wie selbst Männer von unbescholtener Redlichkeit und dem besten Willen, besouders wenn sie das für den Menschen absolut Unbegreifliche

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begreifen, und auch andern begreiflich machen wollen, unge= achtet ihrer guten Abficht sich versteigen. Dieses geschiehet vorzüglich, wenn man sich vorseßt das Wesen der Gottheit, das Wie der Weltschöpfung und das as der Geister über. haupt, und der menschlichen Seele in ihrer Abgezogenheit von dem Körper, sey es vor ihrer Verbindung mit, oder nach ihs rer Trennung von demselben, besonders sogar zu popularifiDenn über dieses alles hat Gott sicher aus der allerweisesten Absicht einen undurchdringlichen Schleier der Vers borgenheit gezogen, den kein Mensch zu lüften vermag. hat hierin dem Menschen hienieden ein nie zu überschreiten. des Ziel gefekt, ihm das Bisher und nicht weiter aufgeges ben, und das übrige auf den Glauben, auf das, was er in der Schrift geoffenbaret hat, beschränkt. Wie will nun der Mensch mit seinem eingeengten, von den Sinnen umnebelten Verstande, in dem spannenlangen Zeitmaße seines Pilgerle bens hienieden, das entdecken, was Gott verhehlt, und gleich. sam mit vermessener Gewalt in fein Geheimniß eindrin gen?

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Schön und treffend spricht sich Eschmayerr über die sen Gegenstand aus. „Ich werde nie aufhören mich zu ver. wundern fagter *), „ wie es dem Menschen einfallen könne, aus den ihm angeschaffenen Formen, seyen es die Ideen des Wahren, Schönen und Guten, oder die univerfellen Vermögen der Seele; Vernunft, Phantaste und WilIen; oder deren Produkte: Principien, Ideale und Bestre= bangen, die Methode zu ihrer eigenen Schöpfung zu erfor schen, und diese Methode als Maßstab, welche der Schöpfer hätte befolgen müffen, in Gott zu sehen. So wenig der Lichtstrahl seiner Sonne, aus der er quilt, wieder einpassen kann, fo wenig können Principien, Ideale und Bestrebungen, die Seele, aus der sie quellen, begreifen, geschweige daß ste

*) Religionsphilosophie von C. U. Eschmayer. Tübingen 1811 •. Thl. 6. $70.

den Schöpfer, dee unendlich aber die Seele erhaben ist, in seinem Wesen und Wirken erfassen könnten. Es wäre noch eher möglich, daß das Würmchen im Grase, die rechtliche und fittliche Ordnung des Menschen sammt Wissenschaft und Kunst erforsche, da es mit dem Menschen aus der gleichen Mutterquelle des Lebens geflossen ist, als daß der Mensch seine creatürliche Formen des Geistes, sey es auch das Unendliche und Absolute, zur Erforschung des Schöpfers in seinem Wefen und Wirken, gebrauchen könnte. Alle diese Versuche sind durchaus nichts anders, als aus uns übertragene Analogien im fuperlativen Style. Dem Menschen ist es vergönnt, sich in feinen eigenen Ordnungen zu besehen, aus der Tiefe seiz ner Seele, die ihm als Urgrund erscheint, ans Licht hervor. zubrechen, wodurch er sich selbst in seinen Werken offenbart welche, wenn sie das rechte Maß und die rechte Ordnung hals, ten, das Wahre, Schöne und Gute in sich darzustellen suchen- und überhaupt sich selbst in feinem eigenen Schaffen, welches vom Elemente zum Produkte eine Menge Processe durchlaufen muß, zu belauschen. Dieß sind nun seine Analo gien, die er auf das Schaffen Gottes übertragt, nur mit dem Unterschied, daß er das, was er als Mensch im Einzelnen und Kleinen fähig ist, ins All und in das Größte erweis tert. Dadurch wird Gott bloß der größte Mensch, was ungefähr mit der Täuschung gleich ist, wenn der Mensch in einem conseren Spiegel in einem gewissen Abstande sein eie genes Bild unzähligemal vergrößert erblickt. Dieser convere Spiegel ist die Phantasie im Menschen, und ihr dunkler Grund macht, daß das Ideal, in welchem der Mensch sich befiehet, ihm selbst nicht mehr ähnlich scheint, ob es gleich einerlei Bild ist. «

Ich fand es daher räthlich zu zeigen, wie weit man bei vorgefaßten Ideen dieser Art, die man absolut durchführen will, in seinem eigenen Gewebe sich verstrickt, und dadurch in Labyrinthe geräth, daraus man sich nicht nur nicht zu fiue Den vermag, sondern in dem Verhältniße, als man diesę

sich und andern verdeutlichen will, auch diese Fergänge flch vervielfältigen, und statt das Dunkle aufzuhellen; es sich im mer mehr verðüßtert, bis endlich ganz was anderes resultirt, als die Ulridee angab.

Noch verschlungener und verwirrter! wird dieses Labys rinth, wenn in spätern Zeiten noch weniger Einsichtige, des nen diese Uridee entweder ganz verwischt, oder durch » herbeis geführte Umstände sich ganz anders gestaltet hat, auf dem bereits durch fremdartige Zuflüsse verschlämmten Damm der Frühern, das Gebäude mit eigenem Materiale und auf eige ne Faust weiter ausführen wollen. Menschen diefer · Art Diese warfen Gold

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gleichen den Israeliten in der Wüste.

ins Feuer, in der Erwartung, daß ein Moses daraus her. vorgehen werde, und es erschien -ein Kalb. Beweise lie. fern die aus der Kabbalah in der neuern Zeit, hervorgegans geuen Sekten der sogenannten Chassidäer und Sohariten zur Genüge. Mit Recht sagt daher ein Weiser der Vorzeit *): Lehrer! seyd vorsichtig in eurem Vortrage.

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Doch nicht bei den Kabbalisten allein brachte die ange führte Ursache die eben angegebene Wirkung hervor, sondern so war es von jeher und so ist es noch, daß Menschen von nicht geringen Fähigkeiten ihre Gehirnfibern anspannten, um nur eine aufgegriffene oder selbst erfaßte Idee durchzufüh ren, und dadurch sich selbst so verblendeten, und diese Idee in einen solchen Wortschwall ertränkten, daß sie nicht mehr einzusehen vermochten, welche Absurditäten sie dadurch zu Tage fördern. Welche Zerbilder gestalteten z. B. nicht die spätern Schüler des weisen Pythagoras aus den Grundprins cipien ihres Meisters ? Welche Carricaturen formten nicht die Neuplatoniker aus den Grundideen des göttlichen Pla to ?

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Diese Verkörperungen und Verwirrungen der Ideen mußten es unumgänglich herbeiführen, daß das in Licht sich

*) Thalmud. Traktat. Uboth

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darstellen Sollende, in ein breites und leeres: Wortgepränge sich leidete, in den Mantel mysteriöser Geheimthuerei sich mummte, und mit einer Miene von Wichtigkeit sich aussprach. So war es, und so ist es noch immer. Man könnte mit - unzähligen Beispielen aus der alten, neuern und neuesten Zeit es darthun, daß, Menschen aus sehr von einander entfernten Zeiten und von den verschiedensten Bildungsstufen im Bezug auf Mystik sin gleich unverständlichen und nichtssagen. den Worten sich äußern, und dadurch das ihnen selbst uns verständliche, welches sie andern zu verständigen sich bemüs hen, noch unverständlicher darstellen.

Noch glaube ich einem etwaigen Vorwurfe, der mich wegen nicht zur Genüge erfüllten Versprechens treffen könnte, begegnen, und dießfalls bei dem werthen Leser dieses zweiten Bandes, im Bezug auf die im October 1821 erschienene Ankündigung dieses Werkes mich in Folgendem entschuldigen zu müssen.

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In meinem Plane zu vorliegendem Werke lag es aller dings, eine Darstellung des reinen Mosaismus, so wie er sich nach Zerstörung des alten Tempels, Aufhebung des Opferdienstes und Zerstreuung der Nation hätte gestalten sollen, und wie er sich, besonders in der Gegenwart und in der nahen Zukunft, nachdem die Formen, in welche der Rabbinismus ihn eingezwängt hat, in ihren Grundfesten erschüttert sind; und bereits großen Theils im Schutte darnieder liegen, ab= folut sich gestalten muß, wenn nicht zugleich auch die Uridee desselben durch immer tiefer eingreifende Umstände mit der Zeit entweder ganz verwischt werden, oder um so nachtheiliger sich formen soll. Daher ward auch in gedachter Anküns digung eines Artikels unter der Aufschrift: die rein mosa ische Religion, als Beschluß des zweiten Bandes, thithin des ganzen Werkes erwähnt.

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