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Walther hatte einen treuen Diener, den er auch sonst in wichtigen Geschäften brauchte; dem befahl er in der nächsten Nacht zu Griseldis zu gehen und ihr das Kind zu nehmen, auch ihr zu sagen, daß er, der Graf, ihm geboten habe es mit sich zu nehmen und umbringen zu lassen. Dabei sollte er genau Acht haben, wie Griseldis sich benehmen würde und ihm Alles was sie sagen und thun würde, hinterbringen. Der Diener war sehr erschrocken und rief:,,Ach Herr, was habt ihr vor! was hat das arme Kindlein gethan, daß Ihr es umbringen wollet und was seine Mutter, daß Ihr sie so schwer betrübet! Schonet des unschuldigen Lammes, vergießet nicht Euer eigenes Blut.“ Der Graf aber ward zornig und befahl ihm zu gehorchen. Da ging der Diener tief betrübt zu Griseldis und redete sie unter Jammern und Weinen an: ,,Gnådigste Frau, verzeiht mir um Gottes willen und rechnet mir nicht zu, was ich vollbringen muß. Ihr wisser, der Diener darf nicht fragen nach dem was Recht oder Unrecht, sondern muß thun, wie sein Herr ihm befiehlt, der über sein Leib und Leben zu gebieten hat. Unser Herr hat mir befohlen das Kindlein zu nehmen und es weiter vermochte der gute Diener nicht zu reden, denn Thrånen erstickten seine Stimme. Griseldis aber merkte wohl, was mit ihrem lieben Kindlein geschehen solle und daß es auf sein unschuldiges Leben abgesehen sei. Dennoch erhob sie kein Klagen und Murren, kein Seufzer entging ihr, sondern sie nahm das Kindlein in ihre Arme, herzte und küßte es noch einmal und segnete es, bezeichnete es mit dem Zeichen des Kreuzes und gab es dem Diener. ,,Es gehört meinem Herrn,“ sprach sie,,,nimm es und thue wie Dir befohlen ist. Nur dieses Eine bitte ich Dich, laß das entseelte Körperchen nicht den wilden Thieren und den Vögeln zum Raube werden, es müßte Dir denn auch dieses befohlen sein. Der Diener nahm das Kind und konnte sich vor Weinen nicht faffen. Griseldis aber rief:,,Gehe, trage das

liebe Englein schnell hinweg, ich befehle es mit Leib und Secle in den Willen des allmächtigen Gottes!"

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Nun ging der Diener mit dem Kindlein zum Markgrafen und berichtete ihm genau, wie er es von Griseldis erhalten habe. Der Graf war gerührt und erschüttert von der Treue feiner Ge= mahlin und bewunderte sie in seinem Herzen, ließ aber dennoch von seinem Vorsaße nicht ab. Er ließ das Kind sorgfältig einhüllen und gab es dem treuen und verschwiegenen Diener und befahl ihm mit demselben alsbald und in aller Eile gen Bologna zu eilen. Dort nåmlich war des Markgrafeu Schwester an einen vornehmen und mächtigen Grafen vermählt; der überschickte er das Kind und bat sie in einem Briefe es sorgfältig und seinem Stande gemäß aufzuziehen, aber jedermann zu verschweigen, von wem sie es erhalten habe. Der Diener war froh, daß sein trauriges Geschäft solch einen guten Ausgang nehme

und vollzog den Befehl seines Herrn mit freudigem Eifer; die Gråfin aber nahm das Kind und erzog es wie eine Mutter.

Griseldis erfuhr nicht, was mit ihrem Kinde vorgegangen sei, aber obgleich sie innerlich tief betrübt war, so ließ sie doch ihrem Gemahl in Worten und Geberden nichts merken. Auch liebte sie ihn so innig wie vorher und war freundlich_und_lieb= reich gegen ihn, ohne des Kindes jemals mit einem Worte zu erwähnen. Walther liebte sie und verehrte sie darum noch mehr wie früher.

Neuntes Kapitel.

Grifeldis gebiert ein Knäblein und muß die zweite Prüfung bestehen.

Vier Jahre waren vergangen, da ward Griseldis abermals gesegnet und gebar zur Freude des Vaters und aller Freunde und Unterthanen einen wohlgebildeten kräftigen Knaben. Der Markgraf aber beschloß das treue Weib abermals einer Versuchung zu unterwerfen, und Griseldis kam wider ihr Verhoffen in noch größeres Leid als das erste Mal. Als nämlich der Knabe entwöhnt und bereits zwei Jahr alt geworden war, sprach der Graf zu Griseldis:,,Du hast schon gehört, wie meine Verwandten und meine Unterthanen unser beider Ehestand mit feindlichen Blicken betrachten, zumal seit Gott denselben mit Kindern gesegnet hat. Sie sagen ganz unverholen und mir ins Geficht, daß sie nimmermehr zugeben würden, daß ein Bauer, des Janicula Enkel, einst über dieses Land herrsche. Will ich nun einen Aufstand vermeiden und Ruhe und Frieden erhalten, so muß ich, wie sehr Solches auch mein Herz kränket, mit unserm Knåblein verfahren wie vor etlichen Jahren mit dem Töchterlein geschehen ist. Dieses habe ich Dir vorher anzeigen wollen, damit Du Dich geduldig in das Nothwendige schickest und

nicht von allzuheftigem Trauern befallen werdest. Griseldis erschrack zwar in innerster Seele, dennoch wußte sie sich zu fassen um auf keine Weise den ihrem Gemahl angelobten Gehorsam zu brechen.,,Ich habe mich, mein Herr und Gemahl," sagte sie,,,schon vordem erklärt und wiederhole jcht, daß mir Alles Recht sein solle, was Dir Recht zu sein bedünket. Ich habe gegen Deinen Willen keinen eigenen und stehe sammt meinem Kinde in Deiner Hand. Befiehl nur auch mir zu sterben, so will ich gar gern gehorchen, und der Tod soll nimmer so bitter sein, daß er meine Liebe und meinen Gehorsam gegen Dich, meinen lieben Herrn, zu brechen im Stande fei. Das Herz wendete sich dem Markgrafen um, er verlicß aber Griseldis mit finsterem Blick, ging in seine Kammer und weinte heftig. Doch meinte er das Angefangene zur Ehre seines lieben Weibes zu Ende führen zu müssen und sendete darum des Nachts den Diener, dessen er sich auch das erste Mal bedienet, um das Knäblein zu holen. Dies Mal ging der Diener leichteren Herzens, stellte sich aber doch sehr betrübt an, bat für seine Person um Vergebung und forderte den Knaben. Griseldis war abermals ruhig und ergeben, betete über ihr Kindlein, segnete und küßte es und gab es dem Diener, nachdem sie es mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes bezeichnet. Auch bat sie den Diener wiederum, den Leichnam des lieben Knäbleins nicht den Thieren zum Raube zu lassen, sondern ihn christlich zur Erde zu bestat= ten. Die Ergebenheit und Standhaftigkeit der Gräfin ergriff den Diener so gewaltig, daß er vor Mitleid heftig weinte und zu seinem Herrn ging, dem er die Tugend der edlen Frau aufs Eindringlichste schilderte. Auch der Graf konnte sich der Thrâneu nicht erwehren, schickte aber doch das Knablein mit einem Briefe zu seiner Schwester nach Bologna, die ihm willig Folge leistete, und die Kinder sorgsam aufzog, begierig was ihr Bruder, der Markgraf, weiter mit ihnen vorhabe.

Dieser beobachtete seine Gemahlin noch sorgfältiger wie vorher, nahm auch Gelegenheit öfter mit ihr über ihre lieben Kindlein zu reden, aber obgleich dieselbe in ihrem Innern die unglücklichen Kleinen herzlich beklagte, wollte sie doch durch Seufzer und Klagen ihrem lieben Ehegemahl, der sich auch sonst in allen Dingen liebreich und freundlich gegen sie erwieß, das Leben nicht erschweren. Der Graf sah wohl, daß Griseldis keinen Widerwillen gegen ihn in ihrem Herzen trage und von Tag zu Tag nur noch mehr in Treue und Gehorsam ihn liebte.

Zehntes Kapitel.

Markgraf Walther finnt auf noch schärfere Prüfungen.

Obwohl nun der Graf Walther in seinem Herzen von der Beständigkeit und Treue feiner Gemahlin völlig überzeugt war, so dachte er doch noch nicht daran, ihre Schmerzen in Freude zu verwandeln, sondern nahm sich vielmehr vor, um alle Welt zu gleicher Bewundrung und Verehrung gegen Griseldis zu bringen, noch viel hårtere Proben ihr aufzuerlegen. Seine Unterthanen hatten das Schicksal Griseldens und ihrer Kinder nicht mit gleichgültigen Augen betrachtet, sondern indem sie wie Griseldis nicht anders wußten, als daß der Graf seine Kinder habe tödten lassen, bedauerten sie die unschuldigen Lâmmer und das unglückliche Weib von ganzem Herzen, und neigten sich mit ihrer Liebe von dem Markgrafen ab. Sie schalten ihn hart wegen seines grausamen Verfahrens und versahen sich selbst wenig Gutes von ihm. Bald verbreitete sich das Gerücht, der Graf liebe seine Gemahlin nicht mehr und schâme sich ihrer wegen ihrer geringen Abkunft, denke auch daran, sie ganz zu verstoßen und sich eine andere, durch Herkunft und Reichthum ihm ebenbürtige Gemahlin zu suchen. Der Graf kannte die Gesinnungen

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