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in Lust und Freuden, war aber dabei fromm, gottesfürchtig und aller Ehren werth. Zumeist liebte er die Jagd und andere männliche Vergnügungen, denn nichts dünkte ihm eines Mannes unwürdiger als träge Ruhe. Dem Ehestand war er daher wenig geneigt, denn er glaubte der Mann werde durch ihn verweich- „ licht, und sein stolz muthiger Sinn empörte sich, wenn er sah, daß gar häufig im Leben die Ehefrau ihren Mann beherrsche, und sich vorstellte, daß ihm ein Aehnliches begegnen könne. Also lebte Markgraf Walther unverehelicht und schien auch künftig in diesem Stande verharren zu wollen.

Zweites Kapitel.

Der Markgraf wird von seinen Unterthanen gebeten eine Gemahlin zu nehmen.

Die Unterthanen des Markgrafen, welche ihren Herrn liebten, waren über sein unverehelichtes Leben sehr bekümmert, und nachdem sie es lange schweigend angesehen, würden sie, endlich ungeduldig. Die Vornehmsten unter ihnen vereinigten sich, faßten ein Herz, kamen nach Saluzzo und begehrten mit ihrem Herrü zu reden, weil sie eine wichtige Angelegenheit bei ihm anzubringen hätten. Die Zahl der Kommenden war groß und Markgraf Walther war einen Augenblick in Zweifel ob sie, Gutes oder Uebles gegen ihn im Sinne håtten. Weil er selbst aber ihnen niemals Uebles zugefügt, und stets nur das Wohlergehen seiner Unterthanen im Sinne gehabt und gefördert hatte, só ließ er sie in seinen fürstlichen Saal geleiten und trat festen und heitern Muthes mitten unter fie. Ehrfurchtsvoll ward er be= grüßt und nachdem er sie in Güte und Freundlichkeit gefragt, was ihr Begehren sei, sprach einer der vornehmsten und muthigsten etwa folgende Worte:,,Eure große Guade und Nach

ficht, hochgeborner gnådiger Herr, geben uns, Euren Unterthanen, Muth und freudige Zuversicht, daß wir so oft, als die Noth es gebietet, vor Euer Gnaden zu treten, und mit Euch zu sprechen wagen. Jeht aber sind wir hier vor Euch erschienen, nicht ein Jeder in einer andern, nur ihn betreffenden Angelegen= heit, sondern Alle für Einen und Einer für Alle, und wagen Euch eine unterthänige Bitte und Meinung vorzutragen. Euer Gnaden Rede, Wille und That sind, wie Solches recht und geziemend, von uns, Euren Unterthanen, stets gut geheißen worden und gewiß sind wir wegen unseres tugendhaften und löblichen Landesherrn glücklich zu preisen. Für die glücklichsten Menschen in ganz Welschland würden wir uns aber erachten, wenn Euer Gnaden einer Bitte Gehör gåben, die wir jeßt in Gehorsam und Unterthänigkeit Euch vorzutragen wagen. Ihr wißt, gnädiger Herr, wie schnell und flüchtig dieses Leben dahinschwindet. Die schönste und kräftigste Blüthe des Alters, wie sich Euer Gnaden zur Zeit derselben erfreuen, verwelkt allmählig, und unversehens schleicht das graue und schwache Alter heran. Auch hat weder Jung noch Alt einen Bürgen für den Tod. Der Tod ist uns Allen gewiß, und ungewiß ist nur Tag und Stunde, wann er kommt. Solches bedenkend bitten wir, Euer Gnaden wollen sich nach Gottes Ordnung in den Stand der heiligen Ehe bes geben und zwar je eher je lieber Solches ins Werk sehen. Wenn Ihr nun, gnädiger Herr, auf unsere unterthänige Bitte einzuge= hen geneigt seid, so wollen wir mit Eurer Erlaubniß in allen Ländern uns umsehen nach einer durch vornehme Geburt, Reichthum und Tugend Eurer würdigen Braut und künftigen Gemahlin. Alsdann wird es die göttliche Gnade fügen, daß Euer Gnaden nicht ohne einen Leibeserben bleiben, welcher dermaleinst weise und gnädig über unsere Kinder herrschen möge, ebenso wie Ihr über uns herrschet.''

Drittes Kapitel.

Der Markgraf verspricht sich in den Eheftand zu begeben.

Markgraf Walther hatte diese Rede bis zu Ende angehört und war durch die in ihr sich kundgebende Liebe, Treue und Vorsorge seiner Unterthanen also gerührt worden, daß ihm Thränen in die Augen standen. Nachdem er noch eine Weile geschwiegen und sich besonnen, sagte er endlich:,,Liebe Herren und Freunde, Ihr nöthigt mich zu thun, woran ich bis jezt niemals gedacht habe. Lieber allerdings wäre ich unvermählt geblieben um frei zu sein und mancherlei Widerwärtigkeiten zu vermeiden, welche der Ehestand mit sich zu bringen pflegt; aber so Vieler treugemeintem Willen und weisen Rath vermag ich nicht zu widerstreben. Der Mühe mir eine Braut zu suchen, will ich Euch jedoch überheben, indem ich Solches mir selbst und dem gütigen Himmel vorbehalten. Alles was wir Menschen haben und besißen quillet ja aus Gottes Gnade und Vorsorge. Er ist der unerschöpfliche Brunnquell alles Guten, Ihm will ich denn auch meinen Ehestand, mein Glück, ja Leib und Leben anheimstellen. Er wird mir finden, zuführen und bescheeren, was mir, meinem Geschlecht und dem ganzen Lande Heil und Seegen bringend sein wird. Ich will also nach Eurem Wunsch und Willen eine Gemahlin nehmen und zwar eher als Ihr verhofft habt. Dagegen sollt Ihr mir geloben, daß Ihr die Frau, welche ich mit des Himmels Leitung erwähle, wer sie auch sei, als meine Gemahlin und als Eure Herrin anerkennen und ehren wollt. Denn was mir gefällt und gut genug ist, daß soll auch Euch gefallen und genügen.“

Die versammelten Herren waren über die Rede ihres Für= ften hocherfreut und versprachen feierlich, wie er verlangt, daß fie der Frau, welche er zu seiner Gemahlin wählen würde, als

ihrer Herrin treu, hold und unterthänig sein, und gegen ihre Erwählung niemals eine Widerrede erheben würden. So schieden fie fröhlichen Herzens und harrten der Wahl des Markgrafen.

Viertes Kapitel.

Markgraf Walther läßt das Hochzeitfest bereiten, obschon keine
Braut da ift.

Im ganzen Lande hatte die Nachricht von des Markgrafen Entschluße Freude und Erwartung erregt. Der Graf aber schloß sich ein und dachte über seine Wahl nach. Da meinte er, wenn er ein armes und tugendhaftes Mädchen zu seiner Gemahlin nåhme, so würde sie ihm am ehesten in allen Dingen gehorsam und seine Freiheit am wenigsten durch sie beschränkt sein. Hierauf ließ er in seinem Schloffe Alles aufs Herrlichste einrichten. Vorråthe an Speise und Trank wurden in Masse aufgehäuft und der Tag, an welchem die Hochzeit gehalten werden sollte wurde festgesetzt und bekannt gemacht. Prachtvolle Gewänder und kostbarer Schmuck für die Braut wurden herbeigeschafft und zur Hochzeit alle. Edlen des Landes und die vornehmsten Bürger der Städte geladen. Der Hochzeittag und die zahlreichen Gäste waren erschienen, aber keine Braut. Die Erwartung war aufs Höchste gestiegen. Schon glaubte Mancher, der Graf habe es nur auf eine Täuschung abgesehen; da befahl derselbe, die vornehmsten Herren und Diener sollten sich zum Brautzuge rüsten. Mit hochzeitlichen Kleidern geschmückt ritt der Markgraf voraus ; edle Damen saßen in Wagen und hielten die Brautgeschenke. Den stattlichen Zug schloffen die berittenen Herren und Diener.

Fünftes Kapitel.

Markgraf Walther findet Griseldis.

In der Nähe von Saluzzo war ein kleines Dorf, und in ihm der årmste Bauer ein Mann, Namens Janicula. Der= selbe hatte eine Tochter, Griseldis, welche eben so schön als arm war. Sie hatte einen schlanken Wuchs und ein liebliches Angesicht, ihr Benehmen war sittsam und bescheiden. Bei magrer Kost auferzogen kannte sie keine Art von Hoffahrt; sie hútete das Vieh auf dem Felde, besorgte die kleine Wirthschaft ihrer Eltern und spann noch tief in die Nacht hinein. Sie ehrte und liebte ihre Eltern und wurde von ihnen herzlich wieder geliebt. In das Dorf, in welchem dieses Mädchen lebte, kam nun der hochzeitliche Zug. Jung und Alt lief herbei ihn anzustaunen. Griseldis war beim Brunnen, Wasser zu holen, als sie den Zug von Weitem erblickte. Schnell eilte sie mit ihren Krügen nach Hause und schaute dann verschåmtund bescheiden durch die hälbgeöffnete Thür nach dem stattlichen Zuge, denn sie hatte so Práchtiges in ihrem Leben noch nicht gesehen. Markgraf Walther war früher auf seinen Jagdzügen schon oft durch das Dorf geritten und hatte auch Griseldis gesehen, und über ihre Schönheit, ihr sittiges Wesen, ihr edles Benehmen sich gefreut. Als nun der Hochzeitzug vor Janiculas Hütte angekommen war, hielt der Markgraf sein Roß an, grüßte Grise!dis und fragte fie:,,Griseldis, wo ist dein Vater? So erschrocken war die Jungfrau, die zum erstenmal von einem so vornehmen Herrn angeredet wurde, daß hohe Röthe ihr Angesicht überlief und sie kaum zu antworten vermochte. Doch sammelte sie sich und sprach sich ehrerbietig verneigend:,,Er ist daheim gnädiger Herr!"',,Sv rufe ihn zu mir heraus!“ sagte der Graf.

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