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dich durch seine Beschuldigung beleidigt?" In beiden Sägen können insofern und insoweit nicht gesagt werden; denn in dem ersten ist eine Beziehung (Relation), und in dem andern eine Frage ausgedrückt.

Anm. Ursprünglich hatte man so fern und so weit ohne in davor. Das ahd. aus dem Beiwort entsprungene Nebenwort ferro, wofür später, nach dem daneben gebildeten accusativischen fërron und dem Nebenw. fërrana, unser fern alleingeltend wurde (vërno i. d. gloss mons. 383. scheint mir falsche Lesart anst. vërro), hatte schon früh aus seinem Begriffe des starken Getrenntseins im Raume, in natürlicher Fortentwickelung und gleichem übergange dieses Begriffes, ähnlich wie ahd. harto hart, alts. suitho geschwind u. a. m., auch die Bed. «sehr» oder Bez. des Grades der Stärke angenommen (z. B. Notker, Ps. 118, 51.), und stand dann auch verstärkt mit số: số ferro = so sehr (Notker, Ps. 10, 9.). So bildete sich weiter auch mit diesem hindeutenden sô und dem auf dieses bezüglichem Sayeinleitenden daz daß ahd. só fërro daz = «10 feru. daß » d. i. « in solchem Grade oder solcher Stärke, daß » (Notker, Ps 118, 99. Willeram VI, 10. VII, 12.). 3. B. Unde dannan fertâten sie sih só ferro, daz sie iro sune unde iro tochtera opherôton tiefelin. (Notker, Ps. 105, 37.) und dann verschlimmerten sie sich so sehr, daß sie ihre Söhne und ihre Töchter Teufeln opferten. Daneben aber findet sich auch vergleichend alsó fèrro . . . alsô = also sehr ... als (Willerum IV, 14.). Bon ahd. só uuíto sô » = «so weit... als » (Otfr. I, 25, 10. 11, 12.) dagegen kommt ein ähnlicher Begriffsübergang nicht vor; die Form behielt immer den Begriff räumlicher Ausdehnung. Insoferne, insoweit u. f. w. mit in sind erst spätere Bildungen, ähnlich z. B. inskünftige, insbesondere u. dgl. Alle aber gebrauchte man erst später auch an der Spitze von Säßen, um diese einzuleiten. Viele Schriftsteller nun schreiben unzusammengezogen, der früheren Trennung gemäß, in wie fern, in fo fern, in wie weit, in so weit, Andre ursprünglicher wiefern, fofern, wieweit, soweit, aber eigentlicher wie fern, fo feru, wie weit, so weit. Vielleicht möchte, nach Ähnlichkeit mit andern zu fammenziehungen, die zusammengezogene Schreibung vorzuziehen sein, und dem Ermessen eines Jeden überlassen bleiben, ob ihm die ursprünglichere oder die erweiterte Form dienlicher erscheint.

1026. Irden. Irdisch. Beide Beiwörter, mit verschiedener Endung, von Erde (goth. die airpa, ahd. ërda, agf. eorŎe, altn. iörő), haben im neuhochd. Sprachgebrauch auch we sentliche Verschiedenheit ihrer Bedeutungen, so daß sie wohl nicht mit einander zu verwechseln sind. Irden nämlich, landschaftl. (z. B. wetterauisch u. s. w.) erden, in der Endung verschwächt aus ahd. und mhd. irdin und erdin, ist, da diese Beiwort - Bildungen mit en (ahd. -în u. goth. -ein) etwas aus dem, durch das Stammwort ausgedrückten Stoff Bestehendes oder Gemachtes bezeich nen, eig. f. v. a.,,aus Erde bestehend oder gemacht"; neuhochb. aber hat das Wort nur noch die sehr beschränkte Bed.:,,aus gebrannter Thonerde", wie es der Töpfer macht, weßhalb Luther z. B. i. d. ersten Ausg. seiner Bibelübers. 2 Tim. 2, 20. anst. irden, wie es jest heißen müßte, aber in irdische geändert worden ist, geradezu topfern seßte. So sagt man z. B. irdenes Gefäß, irdenes Geschirr u. dgl.; aber nicht etwa: ein irdener Wall, ein irdenes Bollwerk u. dgl., sondern mit der, anstatt des gleich

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sam roh erscheinenden Stoff-bezeichnenden Beiwortes, in der spätern Sprache beliebten Umschreibung mit dem Hauptworte der Ableitung,,, ein Wall, ein Bollwerk von Erde". Irdisch das gegen, wofür bei Fr. v. Logau „erdisch“ vorkommt, hat zunächst wohl die Bed.: von der Erde herstammend (S. -isch Nr. 1001.); dann auch: auf der Erde seiend ). Hiernach nun entwickelten sich die, auch schon frühe vorkommenden Bedd.: „ so beschaffen, wie auf der Erde";,,dem gemäß, wie es auf der Erde ist"; der Erde angehörig"; sich auf die Erde beziehend". 2) Beispiele: Wir haben aber solchen Schat in irdischen Gefäßen“ (2 Kor. 4, 7.), d. i. in unsern Körpern, die von der Erde herkommen. Jegt, da ich auf dem Weg bin, von der Welt - Zu scheiden, und ein selger Geist zu werden, Den keine ird'sche Neigung mehr versucht“ (Schiller, M. St. V, 10.). Und der die Quelle aus dem Felsen schlug, Kann diesen Kelch, die irdische Erquickung,

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eine himmlische verwandeln“ (Das. V, 7.).

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1) 3. B. ↑ Thër kuning irdisgo » ( Otfr. III, 2, 57.) der irdische König, gegenüber thëmo himilisgen kuninge (Das. V. 38.), dem himmlischen Könige. Mhd. Dër båbest [Pabst] ist ein_irdesch got, Und ist doch dicke [häufig] der Rômær spot. (Vrídankes bescheid. 151, 23 f.).

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2) Auch im Besondern: auf die Oberfläche der Erde sich beziehend. So z. B. in über- und unterirdisch, wofür auch landschaftl. (i. d. Wetterau) gewöhnlich ober- und untererdig gilt.

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Anm. Im Altd. gehen die Bedd. von irden, was goth. airbeins (eben oben 2 Kor. 4, 7.; außerdem 2 Kor. 5, 1. 1 Kor. 15, 49.), ahd. ërdîn u. irdin, mhd. irdin lautete, und irdisch ahd. irdisc, mhd. irdisch u. (you irden wieder) irdensch (Minnes. I, 187 b) in einan der. Beide bezz.: von Erde, der Erde angehörig, fich auf die Erde beziehend, der Erde gemäß u. f. w. (S. Graff I, 418 ff.). 3. B. ahd. Unde bechêrta er Moab dën figint [Feind] unde sluog ër Edom (ërdínin), unoholde liute unde irdische becherta ër. (Notker, Ps. 59, 2.). Erdine menniscin (Notker, Ps. 91, 1.) irdene Menschen ( wofür neuhochd. « Erden menschen »), und « irdisce menniscen» (Derf. Ps 67, 9.) irdische Menschen ; die irdinen sundôn» (Ders. Ps. 100, 8.) die irdenen Sünden (wofür__nenhochd. «Erden sünden » ),

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und irdischén sundôn» (Ders. Ps. 7, 6.) irdischen Sünden, u. f. w. Doch steht auch_ahd. schou ërdîn irden vou dem Gewirke des Töpfers aus Erde, wie Graff a. a. D. aus einer Münchner Handschrift ërdinag = Töpfergebilde (lat. fictile), Gefäß anführt; von dem viel häufigern ahd. irdisc dagegen will sich ein solcher Gebrauch nicht auffinden lassen.

1027. Irgend. Je. Jemals. Ü. Bezz. s. v. a.,, zu einer Zeit", ohne diese näher zu bestimmen. V. Irgend bez. nicht allein dieß allgemein, sondern steht auch vom Raume: an einem Orte, ohne ihn näher zu bestimmen, welcher es sei. 3. B. Wenn er irgend flüger werden sollte, so wird er meine Warnung nicht verschmähen.“ „Ich habe diesen Menschen irgend schon gesehen." Ingleichen steht irgend von dem, was in Raum und Zeit ist, nämlich in Beziehung auf ein Ding, Verhältniß u. dgl., um in

Meigand, Wörterb. d. deutsch. Synonym. II.

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Ansehung desselben unbestimmt zu lassen, welches? wie? oder wann? 3. B. Ich sinn' und horche, Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht Die Götter Rath und Wege zubereiten " (Göthe, Jvbig. 11, 1.). Du sollt dir fein Bildniß noch irgend ein Gleichniß machen, weder deß, das oben im Himmel, noch deß, das unten auf Erden, oder deß, das im Wasser unter der Erden ist" (2 Mos. 20, 4.). Diese Unbestimmtheit in der Bezeichnung des Wortes spricht sich auch darin aus, daß es im gemeinen Leben sowohl in dem Sinne von „vielleicht, etwa“, als auch in dem von ,, ungefähr gebraucht wird, z. B. „Ist es irgend [= vielleicht] verloren ?" ,,Er ist irgend [= ungefähr vor einer halben Stunde hier gewesen.“ (S. Adelung II, 1393.) Je bed.: zu einer Zeit, ohne zu bestimmen wann? oder, was dasselbe ist: in der Zeit, ohne Angabe des Zeittheils wann? 3. B. „Und immer was Großes ist drauf geschehen, Wenn je das graue Röcklein kam und erschien" (Schiller, Wall. Lag. 6.). Daneben aber bed. auch je: im ununterbrochenen Zeitverlaufe, in ununterbrochener Zeitdauer, wie immer. 3. B.,, Ach mein Herr, ich bin je und je nicht wohl beredt gewesen, sint der Zeit du mit deinem Knecht geredt hast; denn ich hab eine schwere Sprache und eine schwere Zunge" (2 Mos. 4, 10.). ,,Er war von je ein Taugenichts." Jemals bez., wegen seiner Bildung mit Mal (S. Nr. 85.), nur zu einem Zeitpuncte" ohne weitere Bestimmung desselben. 3. B., Erlaubte sie mir jemals ein Geschenk Von höherm Werth, als eine frühe Blume - Im Winter oder seltne Frucht!" (Schiller, 3. v. D. 1, 4.) Vgl. Nimmer. Nie. Niemals."

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Anm. Je, goth. áiv, ahd. êo, ëo, io, mhd. ie, alts. ëo, ags. â, altn. æ, erscheint nach Grimm III, 140. als accusativisches Nebenwort von dem Nr. 652. bei ewig angegebenen Hauptworte: goth. sa aivs, ahd. diu êwa (êuua), altn. sû æfi, lat. ævum, gr. aicv, welche die endliche wie die endlose Zeit bezeichnen. Daher gilt auch je schon in den frühesten Zeiten, seinem Ursprunge gemäß, von der endlichen wie der endlosen Zeit, nämlich einem unbestimmten Zeittheile (= irgend einmal) wie der ununterbrochenen Zeitdauer (= immer), wozu Graff I, 514 ff. in beiden Bezz. die Belege aus dem Althochd. gibt, und was sich auch noch, wie oben gezeigt, neuhochd. neben einander erhalten hat (S. auch Nr. 83.). Mit je zusammengesezt sind nun jemals und irgend. Jemals näm= lich ist mit dem Genitiv von Mat (Nr. 88.) zusammengezogen, ähnlich den, in der Rection des Vorwortes von der Regel abweichenden Gebilden: damals, ehemals mhd. ê mâles, vormals, nachmals u. dgl. (Grimm III, 130.). Mhd. übrigens sezt man mit dem Dativ von Mal: je= malen, ie mâlen, was aber neuhochd. veraltet ist. Irgend ist zusẩmmengezogen und verschwächt aus ahd. io wergin (Otfr. IV, 31, 13.), was eig. io huergin, iohuergin lauten müßte, denn es ist zusammengefeßt: 1) aus ahd. io je. 2) Aus der, huâr wo (von dem fragenden huër wer, huaz was) entsprungenen, fürwörtlichen Form huer, wie z. B. mit dem vor dasselbe getretenen bekannten ahd. ga-, gi- (hier dem vorausgehenden io oder êo zu Gefallen go-), unserm neuhochd. ge-, zeigen: ahd. êogouueri lat. usquequaque (Kero c. 7.), êocouueri = überall (Das. c. 19.), neben iogiwâr überall (Tat. CCXLIV, 1.), iogiuuar = überall hin

(gloss. mons. 352.), ĉogihuar (Catech. theot. 61.), ags. æghwär' überall, gleichwie auch vorkommt z. B. èogahuanna (aust. êogahuanana ) = allenthalben her (gloss. Hraban. 971 a 976 b), êoconuëlich jewelch

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welch es auch sei (Kero c. 19, 7.), iogahuëdar jeder, u. a. m., und engl. mit some irgend somewhere irgendwo; 3) Endlich aus dem angetretenen Anhängsel -gin dem goth. Anhängsel -hun, was, wie das hiermit stimmende lat. Anhängsel an Fürwörtern -cunque (z. B. quicunque, quo- u. quacunque, ubicunque u. f. w.), den Beariff des Un bestimmten, nicht näher Bezeichneten (lat. quidam od. aliquis) hat, wobei aber die abweichende Forni nicht irren darf, indem goth. h g andrer Mundarten ist, wie goth. áinaha ahd. einago, und indem Beispiele, wie goth. hardus ahd. herti, goth. þaúrsus ahd. durri das goth. u neben ahd. i zeigen (S. Grimm III, 32. 36.). Im Altn. aber ist diese Endform, da die nordische Biegung insgemein das auslautende u abstößt, -gi. 3. B. hvargi = überall, oder wo es auch sei (Grimm III, 36.); sonst altn. hvergi nirgend. Andern goth. Bildungen mit -hun gemäß (Grimm III, 32 f.), z. B. hier zunächst hvashun jemand (von hvas wer), hvanhun jemals u. a. m., die ähnlich gebildet sind, wie lat. mit quam die Ausdrücke quisquam und unquam, denen jene auch in der Bed. gleich sind, läßt sich neben ähd. wergin b. Otfrid (z. B. II, 14, 22. IV, 15, 10. u. a. m.), was wohl eig. früher huargun oder huarhun ist, ein goth. hvarhun = « etwan wo» vermuthen, wonach unser ahd. io (êo) huergin goth. lauten würde áiv hvarhun. Aber jenes ahd. io huergin oder bei Otfrid io uuergin wurde bald zusammen verflößt, und schon im 11. Jahrh. hat Willeram (Ausg. v. Hoffmann S. 22, 4.) iergen [ iewergen]

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irgendwo. Im 12. u. 13. Jahrh. finden sich eben so iergin, irgen, bei Berhtold (Pred. 56.) iergent mit dem bloß verlängernden Zungen - Auslaute t, wie z. B. auch in jezund mhd. iezunt u. iezent u. a. m.; mittelniederd. steht irgen — irgendwo (Diut. II, 199 ↳), und mittelniederl. ist g und nicht w ausgestoßen «ieweren irgendwo, z. B. b. Jac. v. Maerlant, wozu aber auch_mhd. in Herbort's trojan. Krieg ohue g und wieren zu vergleichen steht. Neuhoch. ist irgend durchgedrungen. Ihm zur Seite steht, durch die vorgesezte Verneinungs-Partikel ni gebildet und gleicher Weise entwickelt, verschwächt und mit in einander verflößter Zusammensehung: nirgend, altniederd. niewergin (gloss. Lips.), mittels niederl. nieweren (Jac. v. Maerlant), mhd. niergin, neirgen ( Ruother 42.), niergen, niergent (Berhtold, Pred. 69.), auch njerne (Lamprecht, Alexander 3608.); ahd. wird das Wort ni huergin, goth. ni hvarhua lauten. Irgends und nirgends sind genitivisch von irgend und nirgend gebildet.

1028. Jrre. Sinnlos. Unsinnig. Verrü đ t. Wahnsinnig. Wahnwißig. Ü. Gestörten Verstandes. V. Irre, goth. aírzis (goth. rz = ahd. rr), ahd. irri, das Grundwort von irren goth. aírzjan (S. Nr. 1029.), bed., seiner Her funft gemäß, zunächst: hin und her schweifend, namentlich ohne Absicht und Kenntniß des Weges. So z. B. in der Irre leben. Dann, in Fortbildung des Begriffs, irre = das Unrechte für das Rechte nehmend. Hierauf endlich von dem gestörten Geistesvermögen : in Gedanken und Vorstellungen ohne Zusammenhang und Übereinstimmung unter einander und mit der Wirklichkeit. So redet z. B. der Fieberfranke irre, wenn er, in der Störung seines Verstandes Durch heftige Hige, Unzusammenhängendes und mit der Wirklichkeit und unter einander im Widerspruch Stehendes vorbringt. Aber man sagt auch überhaupt irre, wenn der mit diesem Worte be

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zeichnete geistige Zustand frankhaft ist, z. B. in Irrenhaus = öffentliches Bewahrungshaus für Geisteskranke, besonders wenn sie gefährlich find. Verrückt, wahnsinnig und wahnwißig bezz. nur frankhafte Zustände des Geistes. Verrückt, die Leidens form von verrücken, bed.: außer der Ordnung des Verstandes und der Vorstellungen, indem der Mensch von den Vorbildungen seiner Einbildungskraft befangen und, dadurch zum richtigen Denken über den Gegenstand oder überhaupt unfähig, mit der Wirklichkeit im Widerspruche steht. So erklärt z. B. in Schiller's Turandot IV, 11. der Hauptmann Brigella den Prinzen Kalaf, welchen er zu froher Hoffnung seines höchsten Glückes, nämlich des Besizes der schönen Turandot, in den Divan abzuholen kommt, und der ihm dagegen von Tod und Sterben in fälschlich eingegebener Erwartung, daß er ermordet werden solle, spricht, für im Kopf verrückt". Eben so war jener Mensch, der sich in seiner Stube einbildete, daß er im Sturm auf dem Meere sei, und nun allen Hausrath zum Fenster hinaus warf, um, wie er dachte, das Schiff zu erleichtern, in verrücktem Zustande. Stärker als verrüct aber ist wegen seiner Fülle der Ausdruck hirnverrückt, welchen SchilIer (J. v. D. I, 5.) hat: „Daß ich den kranken Stamm mit reinem Zweig - Veredle, euch bewahre vor dem miß-- Gebornen Sohn des hirnverrückten Vaters!" Wahnsinnig, von Wahnsinn, in dessen Bestimmungswort Wahn sich ahd. uuan mangelnd und uuân Schein, Täuschung (S. Nrr. 21. 178.) mischen, ist: völlig des Verstandes beraubt, völlig zerrütte= ten Verstandes, und daher ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit ganz feinen Einbildungen gemäß handelnd. Z. B. „O jest reut mich's, daß ich sie im Wahnsinn Der ersten Wuth getödtet.

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Die rasche That der heft'gen Liebe rannte - Der zaudernden Vernunft zuvor" (Schiller, Macb. II, 10.). Ein finster furchtbares Verhängniß waltet Durch Valois Geschlecht;

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Mein Vater lag im Wahnsinn zwanzig Jahre" (Ders., I. v. D. I, 5.). Dieser Wahnsinn nun kann Raserei sein (lat. vesania), oder ruhiges, stilles, unthätiges Sein, selbst stummes und bewegungsloses. Wie viele Wahnsinnige rasen z. B. so, daß fie an Ketten gelegt oder in festen Gemächern gehalten werden müssen. Mortimer in Schiller's M. St. III, 6. dagegen tritt, schwärmend in seiner heißen Liebe zu Maria Stuart,,,mit irren Blicken und im Ausdruck des stillen Wahnsinns" auf. Aber auch der ist wahnsinnig, welcher, seines Verstandes beraubt, gedankenlos und unthätig umhergeht, gleichwie jener, der in der Einbildung, er sei von Glas, bewegungslos auf seinem Plage blieb, um nicht zu zerbrechen, u. dgl. m. Hiernach ist der Wahnsinnige in hohem Grade verrückt. Dieß ändert indessen nicht, wenn der Dichter den Verliebten in seiner heißen Liebe und Wonnetrunkenheit des mit Absicht geschaffenen Wahnes, daß seine ungetreue Geliebte ihm noch treu sei, sagen läßt: O süßer Wahnsinn, den ich liebe!" denn es ist der Zustand dann nur verliebte

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