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nur ein Dampfschiff entkam*). Die wiener Conferenz, aus den Gesandten England's, Frankreich's, Destreich's und Preußen's bestehend, war zwar unabläßig thätig, den Frieden zu vermitteln, auch die Pforte sehr geneigt, auf die Vorschläge der Conferenz einzugehen; aber Rußland wollte dem Vorschlag eines gemeinschaftlichen Protectorats der Großmächte über die Christen der Türkei nicht bei= stimmen, erklärte vielmehr, daß es keiner anderen Macht ein Einmischen in die Angelegenheiten der griechischen Kirche gestatten könne (Ende Dezember 1853), und verfuhr in den Fürstenthümern wie in Provinzen, die bereits zum russischen Reiche gehörten; am 11. Dez. 1853 wurde das walachische Militär der russischen Armee völlig einverleibt. Jest schritten auch die Westmächte entschiedener vor. Der eigentliche Vertrag zwischen England und Frankreich zur Unterstüßung der Türkei gegen Rußland wurde jedoch erst am 10. April 1854 zu London abgeschlossen und ratificirt am 15. April. Am 3. Januar 1854 lief die vereinigte englisch-französische Flotte, die schon seit der türkischen Kriegserklärung bei Constantinopel ihren Stand genommen hatte, in das schwarze Meer ein. Am 4. Febr. 1854 verließen die russischen Gesandten Paris und London, am 3. März der englische und französische Ge= sandte Petersburg. Am 12. März kam durch einen Vertrag (dessen Ratificationen jedoch erst am 8. Mai ausgewechselt wurden) zwischen Frankreich und England einerseits und der Pforte andererseits ein förmliches Bündniß zum Schuße der Integrität des türkischen Reiches gegen Rußland zu Stande. Im ersten Artikel dieses Vertrages verpflichten sich die Westmächte, außer der bereits in den türkischen Gewässern befind= lichen Seemacht, die Pforte auch noch durch eine entsprechende Landmacht zu unterstüßen. Dagegen macht sich die Pforte im zweiten Artikel verbindlich, alle Propofitionen Rußland's bezüglich eines zu schließenden Waffenstillstandes oder Friedens sogleich den Westmächten mitzutheilen und keinen Waffenstillstand oder wirklichen Frieden, auch keine Friedenspräliminarien ohne Zustimmung der Westmächte abzuschließen. Der dritte Artikel sagt, daß nach erreichtem Frieden die französischen und englischen Streitkräfte sogleich aus dem türkischen Reiche zurückgezogen werden sollen; der vierte sichert den verbündeten Armeen freie Bewegung auf türkischem Gebiet; der fünfte und leßte handelt von den Ratificationen. Die Reformen bezüglich der im türkischen Reiche lebenden Christen (von solchen hatten die Westmächte ihren Beistand zum Theil abhängig gemacht) wurden in den Vertrag selbst nicht aufgenommen; man hat darüber ein besonderes Protocoll unterzeichnet. Darauf erfolgte nun am 28. März 1854 die förmliche Kriegserklärung von Seiten Frankreich's und

*) Nach dem Bericht im Journal des débats bestand die türkische Flotte aus 7 Fregatten, 3 Korvetten, 2 Dampfern, die russische Flotte aus 3 Dreideckern, 3 Zweideckern, 2 Segelfregatten, 3 Dampfern. Nach dem Verlust bei Sinope zählte die türkische Marine noch 25 Schiffe.

England's an Rußland. Das englische Document stellt die Ver= anlassung zum Kriege ungefähr wie folgt dar. Die ängstlichen und lang= wierigen Bemühungen, Europa den Frieden zu erhalten, seien leider ohne Erfolg geblieben; der Kaiser von Rußland habe Bedingungen, welche die Regenten von Oestreich, Frankreich, Preußen und England für gerecht und billig erkannt, verworfen. Allerdings sei für den Kaiser von Rußland einige Ursache zur Beschwerde gegen den Sultan vorgelegen wegen der von der Pforte sanctionirten Erledigung der widerstreitenden Rechtsansprüche, welche von der griechischen und lateinischen Kirche auf einen Theil der h. Stätten in Jerusalem erhoben worden waren, und die Mächte hätten deßhalb in Constantinopel eine Ausgleichung angebahnt, an welcher der Kaiser von Rußland Nichts auszuseßen hatte. Aber während Rußland vorgegeben, die Sendung des Fürsten Mentschikoff betreffe bloß die Angelegenheit der h. Stätten, habe der Fürst die Pforte mit ganz anderen, vor den Mächten geheim gehaltenen Forderungen gedrängt, welche nicht die Vorrechte der griechischen Kirche in Jerusalem, sondern die Stellung vieler Millionen türkischer Unterthanen zu ihrem Oberherrn, dem Sultan, beträfen und die nichts Geringeres beabsichtigten, als an die Stelle der Autorität des Sultans über diese Unterthanen die Autorität des russischen Kaisers zu seßen. Als nun die Pforte diese Forderungen aus selbsteigener Entschließung zurückgewiesen, Fürst Mentschikoff aber erklärt habe, die russische Regierung sehe sich jezt in die Nothwendigkeit verseßt, sich durch eigene Macht die verlangten Garantien zu verschaffen, seien der Kaiser von Frankreich und die Königin von England übereingekommen, vorläufig ihre Flotte in die Nähe der Dardanellen zu senden, hätten sich jedoch noch jeder Gewaltdemonstration enthalten, so lange die Verhandlungen einen friedlichen Charakter behielten. Als aber Rußland in einer Note des Grafen Nesselrode an Reschid Pascha vom 19. (31.) Mat, wiederholt in einer Depesche an Baron Brunow vom 20. Mai (1. Juni), erklärt hätte, die an der russisch türkischen Grenze angesammelten Truppen in die Donaufürstenthümer einrücken und die Fürstenthümer beseßen zu lassen, wenn die Pforte den Forderungen des russischen Cabinets binnen einer Woche nicht entspreche; so hätten England und Frankreich zu entschiedeneren Maßregeln greifen müssen. Es sei unwahr, wenn Rußland behaupte, seine Beseßung der Fürstenthümer sei erst durch das Erscheinen der Flotte der Westmächte vor den Dardanellen hervorgerufen worden; denn der Befehl an den eng= lischen Admiral, sich in die Nähe der Dardanellen zu begeben, sei erst vom 2. Juni datirt gewesen. Hätte Rußland nichts weiter beabsichtigt, als Bürgschaft zu erlangen, daß die christlichen Unterthanen der Pforte im Genuß ihrer Privilegien und Freiheiten blieben, so hätte es diese Sicherheit in den von der Pforte gemachten Anerbietungen hinreichend gefunden. Aber da jene Sicherheit nicht in Gestalt einer besonderen Separatstipulation mit Rußland angeboten worden sei, so habe Rußland das von dem Sultan zwei Mal gemachte und eben so oft von den vier Mächten empfohlene Anerbieten auch beide Male verworfen und

dadurch gezeigt, daß es ihm nicht eigentlich um das Wohl der christlichen Gemeinden in der Türkei, sondern um das Recht ur Einmischung in die gewöhnlichen Beziehungen türkischer Unterthanen zu ihrem Oberherrn zu thun sei. Da der Rath und die Vorstellungen der vier Mächte völlig wirkungslos geblieben seien und Rußland eine Politik eingeschlagen habe, die, wenn nicht in ihrem Laufe gehemmt, zur Vernichtung des türkischen Reiches führen müsse; so greife England zu den Waffen aus Rücksicht für einen Alliirten, dessen Reiches Integrität und Unabhängigkeit als wesentliche Bedingung des europäischen Friedens anerkannt sei. Schon am 11. März 1854 war eine ansehnliche englische Flotte (44 Schiffe mit 2200 Geschüßen und 22,000 Mann) unter Admiral Napier von Spithead aus nach der Ostsee unter Segel gegangen. Erwartungsvoll blickte Europa auf diese, durch den Anschluß einer französischen Flottenabtheilung nur noch imposantere Streitmacht, die keinen anderen Zweck haben konnte, als Rußland an einer empfindlicheren Stelle, als in dem fernen Süden, in der Nähe seiner Hauptstadt selbst anzugreifen; aber es zeigte sich das Unerwartete, daß die Admiralitäten zu London und Paris mit den Verhältnissen der Befestigung und des Fahrwassers von Kronstadt nicht bekannt waren, daß man erst an Ort und Stelle lernen mußte, Kronstadt sei mit Kriegsschiffen nicht anzugreifen; und so hatte diese großartige Expedition, als sie im Spätherbst wieder nach Hause kehrte, keinen anderen Erfolg gehabt, als daß die russischen Häfen blokirt, die kleine Festung Bomarsund (16. Aug. 1854) zerstört, wahrschein= lich doch aber auch russische Heerabtheilungen, womit der Kaiser vielleicht die Armee im Süden verstärkt hätte, im Norden zurückgehalten worden waren. Auch im schwarzen Meere richteten die vereinigten englischfranzösischen Flotten wenig aus, da sich die russische Flotte im Hafen von Sebastopol, der durch einige versenkte Kriegsschiffe gesperrt war, geborgen hielt und den Wällen Sebastopol's von der Seeseite Wenig anzuhaben war; empfindlichen Schaden erlitten diese vereinigten Flotten und die zahlreichen Transportschiffe auf dem schwarzen Meere durch einen außerordentlichen Sturm am 14. Nov. 1854.

Am 9. Apr. 1854 wurde von der wiener Conferenz (England, Frankreich, Destreich und Preußen) nochmal ein Protocoll unterzeich net, worin sich die vier Mächte zur Aufrechthaltung des territorialen Umfanges der Türkei, Herbeiführung der Räumung der Fürstenthümer von den Russen und einer Verbesserung der politischen und religiösen Zustände der Christen in der Türkei verbindlich machten. Dieses öfter genannte Protocoll vom 9. April 1854 (es findet sich in der augsb. allg. Zeitung vom 4. Mai 1854) sagt: Auf Ansuchen der Bevollmächtigten von Frankreich und Großbritannien sei die Conferenz zusammengetreten, um die Documente zu vernehmen, welche constatiren, daß, nachdem die an das petersburger Gabinet ergangene Einladung, die Fürstenthümer der Moldau und Walachei binnen einer gewissen Zeit zu räumen, unbeantwortet geblieben sei, der schon früher zwischen der Pforte und Rußland erklärte Kriegszustand

England's an Rußland. Das englische Document stellt die Ver= anlassung zum Kriege ungefähr wie folgt dar. Die ängstlichen und lang= wierigen Bemühungen, Europa den Frieden zu erhalten, seien leider ohne Erfolg geblieben; der Kaiser von Rußland habe Bedingungen, welche die Regenten von Oestreich, Frankreich, Preußen und England für gerecht und billig erkannt, verworfen. Allerdings sei für den Kaiser von Rußland einige Ursache zur Beschwerde gegen den Sultan vorgelegen wegen der von der Pforte sanctionirten Erledigung der widerstreitenden Rechtsansprüche, welche von der griechischen und lateinischen Kirche auf einen Theil der h. Stätten in Jerusalem erhoben worden waren, und die Mächte hätten deßhalb in Constantinopel eine Ausgleichung angebahnt, an welcher der Kaiser von Rußland Nichts auszusehen hatte. Aber während Rußland vorgegeben, die Sendung des Fürsten Mentschikoff betreffe bloß die Angelegenheit der h. Stätten, habe der Fürst die Pforte mit ganz anderen, vor den Mächten geheim gehaltenen Forderungen gedrängt, welche nicht die Vorrechte der griechischen Kirche in Jerusalem, sondern die Stellung vieler Millionen türkischer Unterthanen zu ihrem Oberherrn, dem Sultan, be= träfen und die nichts Geringeres beabsichtigten, als an die Stelle der Autorität des Sultans über diese Unterthanen die Autorität des russischen Kaisers zu seßen. Als nun die Pforte diese Forderungen aus selbsteigener Entschließung zurückgewiesen, Fürst Mentschikoff aber erklärt habe, die russische Regierung sehe sich jezt in die Nothwendigkeit verseßt, sich durch eigene Macht die verlangten Garantien zu verschaffen, seien der Kaiser von Frankreich und die Königin von England übereingekommen, vorläufig ihre Flotte in die Nähe der Dardanellen zu senden, hätten sich jedoch noch jeder Gewaltdemonstration enthalten, so lange die Verhandlungen einen friedlichen Charakter behielten. Als aber Rußland in einer Note des Grafen Nesselrode an Reschid Pascha vom 19. (31.) Mai, wiederholt in einer Depesche an Baron Brunow vom 20. Mai (1. Juni), erklärt hätte, die an der russisch türkischen Grenze angesammelten Truppen in die Donaufürstenthümer einrücken und die Fürstenthümer beseßen zu lassen, wenn die Pforte den Forderungen des russischen Cabinets binnen einer Woche nicht entspreche; so hätten England und Frankreich zu entschiedeneren Maßregeln greifen müssen. Es sei unwahr, wenn Rußland behaupte, seine Besetzung der Fürstenthümer sei erst durch das Erscheinen der Flotte der Westmächte vor den Dardanellen hervorgerufen worden; denn der Befehl an den englischen Admiral, sich in die Nähe der Dardanellen zu begeben, sei erst vom 2. Juni datirt gewesen. Hätte Rußland nichts weiter beabsichtigt, als Bürgschaft zu erlangen, daß die christlichen Unterthanen der Pforte im Genuß ihrer Privilegien und Freiheiten blieben, so hätte es diese Sicherheit in den von der Pforte gemachten Anerbietungen hinreichend gefunden. Aber da jene Sicherheit nicht in Gestalt einer besonderen Separatstipulation mit Rußland angeboten worden sei, so habe Rußland das von dem Sultan zwei Mal gemachte und eben so oft von den vier Mächten empfohlene Anerbieten auch beide Male verworfen und

dadurch gezeigt, daß es ihm nicht eigentlich um das Wohl der christlichen Gemeinden in der Türkei, sondern um das Recht ur Einmischung in die gewöhnlichen Beziehungen türkischer Unterthanen zu ihrem Oberherrn zu thun sei. Da der Nath und die Vorstellungen der vier Mächte völlig wirkungslos geblieben seien und Rußland eine Politik eingeschlagen habe, die, wenn nicht in ihrem Laufe gehemmt, zur Vernichtung des türkischen Reiches führen müsse; so greife England zu den Waffen aus Rücksicht für einen Alliirten, dessen Reiches Integrität und Unabhängigkeit als wesentliche Bedingung des europäischen Friedens anerkannt sei. Schon am 11. März 1854 war eine ansehnliche englische Flotte (44 Schiffe mit 2200 Geschüßen und 22,000 Mann) unter Admiral Napier von Spithead aus nach der Ostsee unter Segel gegangen. Erwartungsvoll blickte Europa auf diese, durch den Anschluß einer französischen Flottenabtheilung nur noch imposantere Streitmacht, die keinen anderen Zweck haben konnte, als Rußland an einer empfindlicheren Stelle, als in dem fernen Süden, in der Nähe seiner Hauptstadt selbst anzugreifen; aber es zeigte sich das Unerwartete, daß die Admiralitäten zu London und Paris mit den Verhältnissen der Befestigung und des Fahrwassers von Kronstadt nicht bekannt waren, daß man erst an Ort und Stelle lernen mußte, Kronstadt sei mit Kriegsschiffen nicht anzugreifen; und so hatte diese großartige Erpedition, als sie im Spätherbst wieder nach Hause kehrte, keinen anderen Erfolg gehabt, als daß die russischen Häfen blokirt, die kleine Festung Bomarsund (16. Aug. 1854) zerstört, wahrschein= lich doch aber auch russische Heerabtheilungen, womit der Kaiser vielleicht die Armee im Süden verstärkt hätte, im Norden zurückgehalten worden waren. Auch im schwarzen Meere richteten die vereinigten englischfranzösischen Flotten wenig aus, da sich die russische Flotte im Hafen von Sebastopol, der durch einige versenkte Kriegsschiffe gesperrt war, geborgen hielt und den Wällen Sebastopol's von der Seeseite Wenig anzuhaben war; empfindlichen Schaden erlitten diese vereinigten Flotten und die zahlreichen Transportschiffe auf dem schwarzen Meere durch einen außer= ordentlichen Sturm am 14. Nov. 1854.

Am 9. Apr. 1854 wurde von der wiener Conferenz (England, Frankreich, Destreich und Preußen) nochmal ein Protocoll unterzeich net, worin sich die vier Mächte zur Aufrechthaltung des territorialen Umfanges der Türkei, Herbeiführung der Räumung der Fürstenthümer von den Russen und einer Verbesserung der politischen und religiösen Zustände der Christen in der Türkei verbindlich machten. Dieses öfter genannte Protocoll vom 9. April 1854 (es findet sich in der augsb. allg. Zeitung vom 4. Mai 1854) sagt: Auf Ansuchen der Bevollmächtigten von Frankreich und Großbritannien sei die Conferenz zusammengetreten, um die Documente zu vernehmen, welche constatiren, daß, nachdem die an das petersburger Gabinet ergangene Einladung, die Fürstenthümer der Moldau und Walachei binnen einer gewissen Zeit zu räumen, unbeantwortet geblieben sei, der schon früher zwischen der Pforte und Rußland erklärte Kriegszustand

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