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suchen, paraphrasiren und synonimisiren, den Begriff gleichsam verkörpern, und dennoch zugleich darauf hinse hen, daß derselbe von seiner Wesenheit und Erhabenheit nichts verliere, und muß mühsam von Stufe zu Stufe den Gipfel hinan klimmen, und das Kind mit sich hin auf ziehen. Um passende Beispiele aufzufinden, gehört eine eben so genaue und gründlich verdaurte Kenntniß der Sache selbst, als das Vermögen, zum Kinde herabsusteigen, und das Transcendente zu popularisiren, damit der Gedanke seiner Größe und Erhabenheit unbeschadet, so viel möglich simplificirt werde, und obgleich in Miniatur dargestellt, von dem Maßstabe seines Originals nichts verliere. Wer also Kinder unterrichten will, der muß zu jedem Gedanken das passende Wort, zu jedem Begriffe das gehörige sinnliche Beispiel, oft auch mehrere zugleich bei der Hand haben, und muß sich ganz in die Lage seines Lehrlings versegen können. Wer allzu geistige Begriffe hat, wer sich nicht viel anschauliche Beispiele erworben und gesammelt, wer nicht im Stande ist, selbst zum Kinde zu werden, der ist zum Lehrer nicht geschaffen. Und dieß - ist wahrlich nichts wenis ger als leicht. Was kann anders zu dieser großen Mü he, zu dieser Selbstverläugnung, zu dieser, man möchte sagen, erniedrigenden Herablassung, uns Triebfeder und Bewegungsgrund seyn, als bloß die Liebe zu den Kindern, um sich ihnen begreiflich zu machen, und sie zu uns in die höhere Sphäre, in welcher wir uns bereits felbst befinden, zu erheben, und der Trieb zur Mitthei lung, den Gott in uns gelegt hat, der Zukunft, die unaufhörlich in so mannigfaltigen Gestalten einem jeden von uns `vorschwebt, vorzuarbeiten.

12) So wie der Kinderfreund mit dem Rinde es macht, so macht es Gott mit dem Menschen. Gott ist

die reinste Liebe. Durch liebe fühlte er den Drang, sich seinen Lieben mitzutheilen, darum concentrirte er sich in sich selbst, läßt sich von Stufe zu Stufe herab, verfinns licht und verkörpert gleichsam alles Geistige, um seinen Lieblingen sich begreifbar zu machen. Denn hätte er die. fes nicht gethan, so könnte nicht nur der Mensch, son. dern selbst der höchste Geist auch nicht das mindeste von ihm begreifen; indem alles, was Menschen und Geistern. von ihm bekannt wird, nur durch Schlüsse, durch Ana. logie begreifbar wird, sein Wesen hingegen ist das ver

Sa .טמיר מכל טמירין borgen fie aller Verborgenbeiten

man könnte sagen, daß es selbst in seiner Allmacht nicht stehe, auf eine andere Art als durch Concentrirung seis nes unaussprechlichen Wesens, und durch Herablassung seiner unendlichen Erhabenheit sich begreifbar zu machen. Aber, um auch dieses thun zu können, gehört eine Almacht. Daher sagte auch Hiob (36, 22): Siehe! Allmächtig ist Gott in seiner Kraft; wer ist so ein Leh. rer wie er. Auch der Prophet Isaias (57, 15) sagt:

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So spricht der Hohe, Erhabene und Ewige, heilig ist sein Namen: Ich throne in der Höhe im Heiligthume, aber auch bei dem Zerknirschten und Gebeugten, um zu beleben den gebeugten Geist, und zu erquicken das zer knirschte Gemüth.«

13) Aus Liebe zu dem Menschen also hat Gott sichihm bekannt gemacht, und um von ihm begriffen werden zu können, hat Gott sich beschränkt, und dem Menschen in dem Menschen selbst Beispiele von der Gottheit ge Tegt. Aus sich selbst, aus seinem eigenen Denken und Handeln, kann er gleichsam im verjüngten Maßßinbe, daß Denken und Handeln Gottes erkennen. Daher auch die Concentrirung der Gottheit iror und die Emana.

tion *) zwei der vorzüglichsten Principien in der göttli chen Lehre der Kabbalah sind, deren eigentlicher Zweck ist, Gott dem Menschen kennbar zu machen. Dieß ist auch der Grund, warum sowohl in den heiligen Schrif. ten als in der Kabbalah, als deren einzig richtiger Com. mentar, so häufig anthropopatische und anthropomorphi. stische Ausdrücke vorkommen, welche von den erhabensten Eigenschaften Gottes nach Menschenart sprechen, sie gleichsam auf das Menschenwesen beschränken, und sie auch auf keine andere Art dem Menschen darzustellen ver mochten.

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14) So wie der Mensch aus Liebe zu seinen Kindern, oder auch zu andern Menschen, seinen Geist in Worten concentrirt, ihn herabstuft und verkörpert, um sich ihnen begreiflich zu machen; so liegt auch in der Liebe des Menschen eine andere Art von Concentrirkraft, um sich verkörpert der ganzen Schöpfung darzustellen. Gott hat nämlich eine Kraft in ihn gelegt, feinen Körper und Geist in einen Tropfen zu concentriren, und so in succo seines ganzen Ichs sich durch Hervorbringnng seines gleichen und Ebenbildes fortzupflanzen und zu verewigen. Was gibt aber den Impuls zu dieser außerordentlichen und mit Aufwand aller seiner Kräfte hervorgehenden Concentrirung? Was ist die erste Veranlassung zu dieser des Menschen besten Lebenssäfte hingebenden That ? (Von dem bloßen Thiermenschen ist hier die Rede nicht.) Wahrlich nichts anders, als die Liebe. - Ein Ge genstand der Liebe ziehet den Menschen an, nun werden alle Geistesstrahlen, alle Körperkräfte, wie in einem Brennpunkte in ihm aufgefangen, und in einem Foccus

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*) Siehe Artikel Rabbalah.

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concentrirt, um mit vervielfältigter Kraft zu wirken. Alles ziehet ihn zu dem geliebten Gegenstande hin, alle in ihm verborgen liegende Kräfte regen, entwickeln und verbinden sich die Kraft der Liebe zu verstärken, und vereinigen sich, um die Liebe noch mehr anzufeuern und zu erheben. Alle übrigen Gefühle und Empfindungent schweigen, wenn einmal das Gefühl der Liebe aufgeregt ist; und regt noch etwas von den andern Gefühlen sich, fo geschiehet es bloß auf das Geheiß und zum Behufe dieses vorherrschenden und alles sich unterwerfenden Ge fühles der Liebe. Ja selbst des Menschen Sinne hören bei einem bis zum Übermaße gesteigerten Gefühle der Liebe zu wirken auf, und sind für alle übrigen Gegen. stände gleichsam todt. Man siehet nichts, man hört nichts, man fühlt nichts anders, als die Liebe, weil dann alles in und um den Menschen sich Befindende, auf diesen einzigen Gegenstand sich concentrirt, und nur feinetwegen da zu seyn scheint. Darum sagt Salomon (Hohes Lied 8, 6): Die Liebe ist stark, wie ter Tod." Das heißt, so wie im Tode alle Körpergefühle aufhören, so hören auch zur Zeit, wenn die Liebe ihren höchsten Gipfel erreicht hat, alle übrigen Gefühle auf. Darum ist dieses heilige Lied der Liebe *), das heiligste der gött. lichen Bücher, weil es uns die Wirkungen Gottes und Empfänglichkeit des Menschen dafür, durch das reinste Gefühl der Liebe so anschaulich als angenehm darstellt. Liebe also ist das größte Schwung ♬ und Triebrad alles geistigen und körperlichen Daseyns, und darum ist auch die Liebe zu Gott und zu den Menschen die Basis und Quintessenz aller Religion, das übrige bloß Commentar.

*) Hohes Lied.

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15) Aus reiner Liebe hat Gott sich in sich selbst concens trirt, and dadurch Plaß zur Entstehung und Gestaltung der von ihm geschaffenen Welten gemacht; aus reiner Liebe hat er sich in Worte concentrirt, und gleichsam verkörpert, indem er dadurch sich den Propheten ange, kündiget hat; und aus der reinsten Liebe wird er in eis nem eben solchen concentrirten und verkörperten Zustande die Erlösung, das heißt, die wahre Vervollkommnung der Welt, auf die wir hoffen, einst hervorbringen. Daher hat auch Gott aus Liebe zu dem Menschen in ihm eine doppelte Concentrir und Verkörperungskraft gelegt. Einmal um seinen Geist, das heißt, seine Gedanken in Wort und Schrift zu verkörpern, und dann, um die sublime. sten Theile seines geistigen und körperlichen Wesens, gleichsam die Quirteßenz seiner eigenen Wesenheit, auf einen Punkt zu vereinigen, und so ein Geschöpf, ihm gleich an Körper und Geist, hervorzubringen. ~`Zwar ist beides als Menschenwerk nicht vollkommen, und daher zerstörbar und vergänglich, weil mit dem unsterblichen Geistigen sich auch das hinfällig Körperliche vermengt. Sollte es aber gedenkbar (eyn und wir wollen an, nehmen, daß es nicht nur gedenkbar, sondern andy móg, lich, ja selbst wirklich geschehen ist daß je ein Mensch ohne Einmischung yon sinnlicher fleischlicher Liebe gebo. ren werden konnte, oder gar geworden sey, so wäre die fer, aus einer solchen Liebe entstandene Mensch, das vollkommenste Geschöpf seiner Natur nach, das heißt, in Gemäßheit seiner himmlischen Abstammung und feines rein geistigen Wesens, mit allen guten Eigenschaften im höchsten Grade begabt, unsterblich, und ein bloßer Aus. fluß der Gottheit. Daher kommt auch die göttliche Kraft der Schöpfung, unter dem Bilde beider menschlichen Schöpfungsarten, in der Kabbalah so oft vor, und beir

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