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kommt der Ausdruck von Kabbalah als eine mündliche Überlieferung vor, aber bloß im Bezug auf mündlich übergeben seyn sollende Geseze und Verordnungen, oder allenfalls Regeln, wodurch die thalmudischen Zusäße, welche die Zeitumstände nothwendig machten, aus der Schrift erwiesen werden könnten *). Die Verbindung des Begriffes von einer geheimen Lehre, die Gott an AdamMoses, Esras, oder gar an R. Simon ben Jochai und Consorten überliefert haben soll, mit dem Ausdrucke Kabbalah, scheint erst in den spätern, nachthalmudischen Zeiten entstanden zu feyn **), in welchen diese Ideen bereits sich entwickelt, und in ein förmliches System zu einer Wissenschaft sich formirt hatten.

Da wir aber erwiesen, daß die Radir ap nur bloß auf den Empfänger, DD hingegen auf den Geber oder Mittheiler sich beziehet, so hätten die Kabbalisten besser gethan, und der Kabbalah mehr Sanction gege. ben, wenn sie, die doch diese Wissenschaft als die höchste und heiligste, unmittelbar von Gott abstammend annehmen, dieselbe durch den Ausdruck 0, in Bezug auf ihre Abstammung von Gott, als Mittheiler dersel ben, und nicht durch nhap im Bezug auf den Menfchen als Empfänger angekündiget hätten. Es scheint aber, daß sie den Ausdruck n aus einem doppelten Grund absichtlich vermieden haben. Erstens weil im Thalmud mit der Radix 700 ein schimpflicher Nebenbegriff, uámlich der eines Angebers (Denuntianten) verbunden ist, und Messirah eine Angeberei bedeutet, so

*) Siehe Artikel Pharifäer.

**) Etwa in den Zeiten des R. Isaak Luria, da man diesen Ausdruck in dieser Beziehung in keiner frühern Schrift findet.

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wollten die Kabbalisten ihre hochheilige Lehre durch diesen einmal bei dem Volke eingeführten Nebenbegriff nicht herabwürdigen. 3 weitens, da die thalmudische Erklärung des schriftlichen Gefeßes im Thalmud unter dem Ausdrucklah vorkommt, und derfelbe bei der Na. tion bereits eine große Sanction erhalten hatte, so wollten die Kabbelisten unter eben dieser bereits geheiligten Firma auch ihre geheime Lehre ankündigen, um ihr das durch mehr Sanction und Eingang zu verschaffen.

Sie stüßen ihre Behauptung, daß Gott unmittelbar eine geheime Erklärung der heiligen Schriften einigeu Auserwählten mitgetheilt habe, darauf, indem sie vorgeben, daß der gerade Wortverstand in diesen Schriften, nur eine bloße Hülle sey, unter welcher der wahre Sing für den Profanen, gleichsam wie unter einem Schleier verborgen liege, den nur derjenige zu lüften vermag, dem dazu der Schlüssel gegeben ist.

Ohne diese von Gott an seine ausgezeichnete Lieb. linge überlieferte Erklärungen, der in der heiligen Schrift verborgen liegenden Geheimnisse, sagen die Kabbalisten, würden die heiligen Schriften von den profanen nicht unterschieden seyn: indem man auch in diesen, sowohl wunderbare Ereignisse, als auch Lehren der reinsten Moral findet.. Waren schon, fahren sie fort, die Engel, um den Menschen zu erscheinen, genöthiget, sich durch Annahme einer, den menschkichen Sinnen faßlichen Hülle begreifbar zu machen, um so mehr mußte Gott, das uns begreifbarste aller unbegreifbaren Wesen, um dem Menschen sich darzustellen, sich auf einen beschränkten Raum concentriren, und seine Ideen und Mittheilungen durch Wort und Schrift gleichsam verkörpern. So sehr`ein Mensch bei Erscheinung eines Engels irren würde, wenn er die Hülle, in welcher der Geist sich darstellt, für das’

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eigenthümliche Wesen des Engels halten wollte, in eis nen um so größern Irrthum nun muß der Mensch vers fallen, der bei den bloßen Worten und Buchstaben der heiligen Schrift, welche doch der Gebrauch und die er. weiterten oder beschränkten Begriffe, die mit denselben verbunden werden, so oft verändert, sich aufhalten, und nicht in den innern Sinn, als das Wesentliche eindringen wollte. Der Buchstabe ist todt, nur der Geist belebt ihn.

Die heilige Schrift, fahren sie fort, bestehet aus einer Zusammensegung von Buchstaben *), Punkten und

*) In der Vorrede zum Sohar 1, ale die Haupts quelle der Kabbalah, heißt es: Bevor Gott die Welt erschuf, unterhielt er sich mit den Buchstaben des Al phabets. Als er nun die Welt zu erschaffen beschloß, erschienen sämmtliche Buchstaben des Alphabets, und zwar der lekte zuerst, und jeder bat Gott, er möchte mit ihm die Schöpfung anfangen. (Denn nach kabbali. ftischer Meinung ward die Welt bloß durch die Thora oder das mosaische Geset erschaffen, daher bat jeder Buchstabe, Gott möchte mit ihm die Thora anfangen). Das Thau trat zuerst vor, und sprach: Herr dæ Welt! laß durch mich die Welt erschaffen werden, (das heißt, veranlasse es, daß ich der erste Buchstabe im Pentateuch sey), denn ich bin der lehte Buchstabe in der Devise deines Siegels. (Die Kabbalisten nehmen an, daß auf dem Siegel Gottes die Devise ne Wahrheit eingegraben sey, und zwar aus dem Grunde, weil diese drei Buchstaben in dem sieben und zwanzig buchstabigen Alphabeth, wo die fünf Endebuchstaben DIID dazu gerechnet werden, den Anfang, die Mitte und das Ende ausmachen, und dadurch der Name 1, er war, er ist und er wird seyn, ausgedrückt wird.) Gott ant wortete: Deine Bitte kann dir aus dem Grunde nicht gewährt werden, weil du der lezte Buchstabe in dem Worte NID · Tod bist. So erschienen alle übrigen Buchstaben vor Gott, jeder gab einen Grund an, warum die Thora mit ihm angefangen werden sollte, und jedem wies Gott aus einem entgegengesekten Grunde zurück.

andern sichtbaren Zeichen, welche mit den himmlischen und daher geistigen Ausflüssen der Gottheit, nach ihren verschiedenen Gradationen correspondiren, und die man nigfaltigsten Wirkungen des Urwesens im sinnlichen Verstande vorstellen. Schon durch das bloße Aussprechen dieser sinnlichen Zeichen gerathen jene mit ihnen in Verhältnisse und Verbindung stehende himmlische Wesen in eine Bewegung. Verbindet aber Berbindet aber ein sachkündiger Kabbalist den Ausspruch der himmlischen Zeichen in set. nen Gedanken nach den Regeln der Kabbalah mit den, mit ihnen in Correspondenz stehenden himmlischen Wesen so werden dieselbe in noch mehr Thätigkeit verseßt, und allen seinen Wünschen wird Genüge geleistet.

Die in der heiligen Schrift enthaltenen Vorschriften sollen zwar unsern Willen leiten, und uns zu frommen Handlungen anführen; die Ausübung dieser Handlungen aber hat nicht nur Einfluß auf unsere materielle Welt, sondern sie wirkt hauptsächlich auf die höheren spirituel len Welten, bis in die höchsten Regionen der Geister, und bringt daselbst Liebe, Harmonie und Vereinigungen der

Endlich erschien der Buchstabe (Beth), welchem Gott feine Bitte gewährte, indem er die Thora mit dem Beth in dem Worte Berefchith NW872 aus dem Grunde anfing, weil dieser Buchstabe auch der erste in dem Worte 5 Berachah (Segen) ist. Hierüber ward das Aleph gewaltig entrüstet, und stellte Gott vor, daß, da es der erste Buchstabe im Alphabet ́ sey, ihm auch zukomme', daß die Thora sich mit ihm anfan= ge. Um nun diesen Buchstaben zu beschwichtigen, sprach Gott zu ihm: Du hast nicht unrecht mein liebes Kind; da ich aber diese Ehre bereits dem Beth ertheilt habe, so kann ich sie ihm nicht mehr entziehen, du aber sollst zum Ersak die erste aller Zahlen, und der erste Buchstabe in den zehen Geboten seyn, daher fangen sich auch die zehen Gebote mit dem Buchstaben Aleph in dem Borte 3 Anochi an.

אנכי

Heterogensten Wesen hervor *), worin eigentlich das Schwung und Triebrad des gesammten Universums

liegt.

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Selbst der Mensch als Microcosmus oder die Welt im Kleinen top by mit allen seinen festen und flüssi gen Theilen, nebst seinen Ausdünstungen, welche eine Atmosphäre um ihn bilden, wie auch alle in ihm vorges henden chemischen Prozesse, dieses alles ist Prototy pus der obern Welten. Daher sagt auch Hiob (19, 26): Aus meinem Leibe ersehe ich die Gottheit, das heißt: Alle animalische und moralische Handlungen des Menschen in der untern Welt stehen im Verhältnisse mit den bis an die Gottheit in einer gewissen Subordination sich befindenden obern Welten. Dieses Geheimniß wurde auch dem Patriarchen Jakob durch die ihm gezeigte Leis ter, welche auf der Erde stand, und bis in den Him mel reichte (1. M. 28, 12) angedeutet. In diesem allem zusammen genommen bestehen also die Geheimnisse der Thora, derowegen allein Gott die Welt erschaffen habe. Daß aber bloß die Thora der Zweck der ganzen Schöpfung sey, darüber sprach Gott sich deutlich durch den Propheten Jeremias aus, indem er durch ihn (Jerem. - 33, 25) fagte: » Wäre mein Bund (die Thora) nicht, so hätte ich weder Tag und Nacht, noch die Gefeße des Himmels und der Erde erschaffen. »

Zum Beweise des geheimen Sinnes in der heiligen

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*) Welches sie auch das Geheimniß der Begattung 11 des Vaters und der Mutter D`NI NAN 710_ver= nen, worunter sie das Principium activum et passivum, oder die wirkende und leidende Kraft, die in allen Wefen sich befindet, wodurch Alles zum Daseyn gereicht, begreifen.

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